Oktober 2023 / Am Ende profitieren alle

Wallaa Abdelseed arbeitet als Hospitantin an den Kaufmännischen Lehranstalten

Ein UNESCO-Programm machts möglich: Von Anfang September bis Ende November hospitiert Wallaa Abdelseed an den Kaufmännischen Lehranstalten (KLA) Bremerhaven. Es ist ein Aufenthalt, von dem alle profitieren, denn die junge Frau aus Kairo unterstützt die Lehrkräfte, tauscht sich intensiv mit den Schülerinnen und Schülern aus und lernt dabei selbst sehr viel. „Unter dem Strich führt ein größeres gegenseitiges Verständnis zu einem friedlicheren Miteinander“, sagt Nadine Behme, die die Aktivitäten der KLA im Bereich UNESCO-Projektschule koordiniert.

Ein für beide Seiten hochinteressantes Angebot

Wallaa Abdelseed war heute mit einer Klasse bei der Arbeitnehmerkammer, Nadine Behme vor kurzem bei einer Tagung der deutschen UNESCO-Schulen in Berlin. An den Kaufmännischen Lehranstalten (KLA) Bremerhaven arbeiten die beiden im „kulturweit“-Projekt eng zusammen, die Chemie zwischen der Hospitantin und der für die UNESCO-Belange zuständigen Lehrerin stimmt. „Das Projekt ‚kulturweit‘ bietet jungen Frauen aus dem nordafrikanischen Raum seit 2018 die Möglichkeit, für drei Monate als ‚Incoming-Hospitantinnen‘ in UNESCO-Einrichtungen zu arbeiten“, erklärt Nadine Behme. „Es ist ein für beide Seiten hochinteressantes Angebot, das vom Auswärtigen Amt finanziell unterstützt wird und das wir gerne nutzen.“

„Die KLA sind in Kooperation mit dem Kreativhaus Goethe 45 sofort auf den ‚Incoming‘-Zug aufgesprungen“, fährt die Lehrerin fort. „Zum einen, weil wir sehr viele Schülerinnen und Schüler aus anderen Kulturen bei uns haben, zum anderen, weil die Hospitantinnen den Horizont Lehrkräfte erweitern.“ Für die KLA-Sprachklassen ist Wallaa Abdelseed ein Vorbild, in den anderen Klassen bekommen die Jugendlichen Informationen aus erster Hand und können so Vorurteile von Fakten trennen. „Jemanden mit in den Unterricht zu nehmen, der ihn auf vielfältige Art und Weise bereichert, ist für uns alle ein Gewinn. Es hat noch niemand gesagt, dass er das nicht will. Ganz im Gegenteil, der Einsatz der Hospitantinnen wird angefragt.“

Deutsch, Computerunterricht und Tourismus

„Man darf Wallaa Abdelseed im Unterricht regelrecht ein Loch in den Bauch fragen“, unterstreicht Nadine Behme. „Und das passiert wirklich“, bestätigt Wallaa Abdelseed, die in Kairo Germanistik studiert hat und sich seit vier Jahren intensiv mit der deutschen Sprache beschäftigt. „Von den KLA wurde ich gefragt, wo ich am liebsten eingesetzt werden möchte, und ich habe mir neben Deutsch den Computerunterricht und die Tourismusklassen ausgesucht“, erzählt die 23-Jährige. „Im Deutschunterricht versuche ich zu unterstützen und zu helfen, im Fachbereich Tourismus geht es um den kulturellen Austausch und in der Computerklasse lerne ich für mich selbst. Es ist ein Geben und Nehmen, und das gefällt mir sehr.“

„An den KLA wurde ich ganz herzlich begrüßt, sind alle sehr freundlich, unterstützen mich, geben mir Tipps und beantworten auch persönliche Fragen“, berichtet Wallaa Abdelseed weiter. Gestaunt hat sie beim ersten Einkauf im Supermarkt, bei dem sie zum Glück von Nadine Behme begleitet wurde. „Ich wollte doch einfach nur Eier kaufen“, lacht die junge Ägypterin, „aber in Deutschland sind Eier nicht einfach Eier.“ Den Rassismus, vor dem sie in ihrer Heimat gewarnt wurde, hat sie in Bremerhaven so nicht erlebt. Dafür aber, dass Schülerinnen, die das Kopftuch tragen, ihr mit einem besonderen Lächeln das Gefühl geben, sie darin zu bestärken. „Das beeindruckt mich sehr“, so Wallaa Abdelseed, die sich in Bremerhaven bisher nie fremd oder allein gefühlt hat. „Das ist ein sehr schönes Gefühl!“