Verleihung des Harry-Gabcke-Preises

Am Mittwoch, dem 6. Oktober 2021, wurden Viola Barck, Celine Rojek und Rena El-Haj, Schülerinnen des Lloyd Gymnasiums, mit dem Harry-Gabcke-Preis ausgezeichnet.

Am Tag der stadthistorischen Bildung erinnern jedes Jahr Schüler:innen an 50 Orten an die NS-Diktatur, so wie beispielsweise an die Lebensgeschichte von Karl Gorath. An der Deichstraße 37 liegt direkt neben der Goetheschule ein Stolperstein. Dass dort an einen Mann erinnert wird, über den es sogar eine preisgekrönte Hollywood-Dokumentation gibt, ist vielen gar nicht bekannt. Die drei Schülerinnen des Lloyd Gymnasiums haben am 17. September 2021 an seine Lebensgeschichte erinnert und mit ihrer Präsentation auch die Jury des Harry-Gabcke-Preises überzeugt. Die Jury bestand aus den drei Gewinnerinnen des Jahres 2020 des Schulzentrums Geschwister Scholl, Stadtverordnetenvorsteher Torsten von Haaren und Stadtrat Michael Frost. Der Preis ist nach dem aus Lehe stammenden Pädagogen und Heimatforscher Harry Gabcke (1927-1988) benannt.

„Die Schülerinnen haben das Ziel des Tages der Stadtgeschichte in einer beeindruckenden Präsentation umgesetzt. Sie haben die Kriminalisierung, Verfolgung und Ermordung von Homosexuellen durch das NS-Regime in seiner historischen Dimension betrachtet, Bezüge der bis in die heutige Zeit reichenden Diskriminierung hergestellt und ihr Faktenwissen in berührender Weise mit dem persönlichen Schicksal eines Opfers aus Bremerhaven verbunden“, so Stadtrat Frost.

Unterstützung bekamen die prämierten Schüler:innen im Vorfeld auch von zwei Bremerhavener:innen: Swantje Schäfer, die u.a. bei der AG Prism und Queer-AK in Bremerhaven aktiv ist und Robert Worden vom Kulturbüro Bremerhaven. Wie an den anderen Stationen auch, unterstützen neben dem Projektteam aus den Schulen, der Landeszentrale für politische Bildung, dem Stadtarchiv und Historischen Museum, „Zeitzeugen“ aus Bremerhaven als Expert:innen die Erarbeitung der Inhalte. Robert Worden: „Ein großes Lob an die drei Schülerinnen für ihren Einsatz und ausführliche Bearbeitung eines oft vergessenen Themas.“

Der Fall von Karl Gorath zeigt, welche Nachwirkungen die NS-Diktatur auch lange nach 1945 noch hatte. Während seiner Ausbildung zum Krankenpfleger in Bremerhaven wird Karl Gorath, geboren am 12. Dezember 1912 in Bad Zwischenahn, 1939 mit 27 Jahren nach §175 des Strafgesetzbuchs verhaftet und verurteilt. Homosexualität bezeichneten die Nationalsozialist:innen als „unnatürlichen Akt“. Nach der Verbüßung einer Haftstrafe in Celle kommt Karl Gorath in Vorbeugungshaft im Konzentrationslager Neuengamme, danach folgt die Deportation nach Auschwitz. Karl Gorath überlebt im Januar 1945 den Todesmarsch in das Konzentrationslager Mauthausen und nach Ebensee im Salzkammergut. Zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs wird er mit 35 Jahren erneut zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Wegen des gleichen „Deliktes“ und vom selben Richter. Als Vorbestrafter folgen Arbeitslosigkeit und eine Rente, die unterhalb des Sozialhilfesatzes liegt. Anträge auf Entschädigung lehnen die Behörden stets ab. Erst 1989 mit 77 Jahren erhält er durch den Bremischen Härtefonds für sogenannte „vergessene Gefangene“ eine monatliche Unterstützungszahlung. Karl Gorath stirbt am 18. März 2003 in Bremerhaven. Kurz vor seinem Tod entsteht der Film „Paragraph 175“ von Rob Epstein und Jeffrey Friedman, der auch seine Lebensgeschichte nachzeichnet.

Über den Tag der stadthistorischen Bildung

Am Tag der stadthistorischen Bildung am 17. September 2021 zur Erinnerung an die Bombardierung der Stadt 1944 haben über 1200 Schüler:innen aus Bremerhaven teilgenommen. Die Präsentationen an 50 Orten in der Stadt wurde von 180 Schüler:innen, in diesem Jahr aus dem Lloyd Gymnasium, vorbereitet. Der stadthistorische Bildungstag vermittelt, welche Ereignisse und Entwicklungen in der Diktatur des „Dritten Reiches“ zum Zweiten Weltkrieg und Holocaust führten, die Auswirkungen der NS -Rassenideologie seit 1933 in Bremerhaven und wie der Alltag für Menschen an der Wesermündung aussah, von Einheimischen bis zu Zwangsarbeiter:innen.

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