Rede von Oberbürgermeister Melf Grantz zur Einweihung des Erweiterungsbaus des Behandlungszentrums für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Klinikum Bremerhaven Reinkenheide

Anrede

Ich freue mich über den heutigen Tag und darüber, den Neubau des Behandlungszentrums für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Klinikum Bremerhaven Reinkenheide mit Ihnen zusammen einweihen zu können. Damit ist ein Meilenstein auf einem Weg erreicht, der die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit psychischen und psychiatrischen Erkrankungen deutlich verbessern soll.

Als der Aufsichtsrat der Klinikum Bremerhaven Reinkenheide gGmbH vor ziemlich genau vier Jahren beschlossen hat, einen Neubau in Angriff zu nehmen, war das zum einen ein besonders günstiger Zeitpunkt, zum anderen war die Notwendigkeit dafür unübersehbar. Es war ein günstiger Zeitpunkt, weil es möglich war, über Mittel aus dem Konjunkturpaket II eine Teilfinanzierung zu erreichen. Die Notwendigkeit war unübersehbar, da die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Bremerhaven Reinkenheide seit Jahren überproportional ausgelastet war. Sie musste unabdingbar weiterentwickelt werden. Das war so evident, dass die Ausweitung der stationären Kapazitäten und Leistungsangebote von der Behörde des Gesundheitssenators bereits genehmigt war.

Der Beschluss zum Neubau war nicht nur ein baulich-architektonischer, sondern er war mit der Erwartung verbunden, die Psychiatrische Klinik am Klinikum Bremerhaven Reinkenheide weiterzuentwickeln. Daran möchte ich an dieser Stelle gerne erinnern. Das Ziel war damals, die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie zu einem modernen Psychiatrischen Zentrum mit verbesserten therapeutischen Möglichkeiten weiterentwickeln. Ziel dieses Wegs, der damals in aktiver Zusammenarbeit mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eingeschlagen wurde, waren neue und zeitgemäße Therapiestrukturen. Darauf legte auch der Aufsichtsrat besonderen Wert. Denn es sollte nicht nur darum gehen, einfach einen schicken Neubau zu errichten. Damit stehen wir, denke ich, auch in einer guten Tradition. Denn als mit der Errichtung des damaligen Zentralkrankenhauses Reinkenheide als Krankenhaus der Maximalversorgung auch eine Psychiatrische Klinik eingerichtet wurde, war das in den 70er Jahren noch ein Novum.

Mit der Einweihung des Neubaus heute ist ein Meilenstein auf einem neuen Weg erreicht worden. Allerdings hat der Weg bis hierhin auch neue Richtungen genommen, die beim Beschluss für den Neubau so nicht abzusehen waren. So hat sich, wenn ich als medizinischer Laie das richtig verstehe, die klinische Psychiatrie insgesamt verändert und vor allem geöffnet. Nicht mehr der Aufenthalt in der Klinik, sondern die möglichst rasche Rückführung der psychiatrisch Erkrankten in einen lebenswerten Alltag, unterstützt durch vielfältige ambulante Hilfen, ist heute der moderne Therapieansatz. Psychiatrisch Behandlungsbedürftige sollen nicht mehr in der Klinik vom Alltagsleben abgeschnitten werden, sondern sollen nach Möglichkeit in den Alltag wieder integriert werden. Insofern hat sich die eine oder andere Planung, die mit dem Aufsichtsratsbeschluss vor vier Jahren verbunden war, zwar im Detail verändert. Aber in der groben Richtung war bereits dieses Anliegen mitgedacht werden. Denn der Neubau sollte weniger Klinikatmosphäre haben, sondern offen und einladend sein. Ich denke, das vermittelt dieser Neubau sofort nach dem Betreten.

Heute spielt die Vernetzung der verschiedenen Angebote von stationär bis ambulant eine immer größere Rolle im Interesse der Patientinnen und Patienten. Das bringt Veränderungen mit sich, die vor vier Jahren so noch nicht zu sehen waren. Ausdruck dafür ist das Zentrum für seelische Gesundheit, das im Sparkassenhaus in der Hafenstraße entsteht.

Weiterer Ausdruck für die Veränderungen ist auch der Einsatz von Genesungsbegleiterinnen und –begleitern. In der Sprache der Psychotherapeuten heißen sie Ex-In, von Experience Involvement. Gemeint ist damit die Ausbildung von Psychiatrieerfahrenen eben zu Genesungsbegleiterinnen und –begleitern. Beide neuen Entwicklungen, hin zu umfassender ambulanter Hilfe und die Unterstützung durch Krankheitserfahrene ist, wie ich aus Gesprächen höre, ein guter und auch erfolgreicher Weg für die Patientinnen und Patienten.

Doch ein so veränderter Weg könnte auch Probleme bereiten. Finanzielle Probleme. Problematisch daran könnte es sein, dass dies unter den gegenwärtigen Finanzierungsmodellen im Gesundheitswesen nur schwer zu bezahlen sein könnte. Sie hören, ich spreche im Konjunktiv. Ich denke, wir sollten gemeinsam alle Anstrengungen unternehmen, dass diese therapeutischen Ansätze, die ja im Interesse der Patientinnen und Patienten sind, auch finanziert werden können. Es darf meiner Meinung nach nicht sein, dass das Klinikum sozusagen dafür bestraft wird, weil es therapeutisch neue und erfolgreiche Wege einschlägt, die letztlich das Gesundheitssystem insgesamt entlasten. Hier sind insbesondere noch vertiefende Gespräch mit den Krankenkassen und den zuständigen übergeordneten Behörden notwendig.

Und ich kann auch verstehen, dass es im Personalrat des Klinikums Befürchtungen gibt, dass die ja durchaus positive Einsetzung von Genesungsbegleitenden nicht zu einem Personalabbau bei den professionellen Kräften führen darf. Hier wird es darauf ankommen, den weiteren Weg so wie bisher in gutem Miteinander zu gehen, um weitere Meilensteine zu erreichen im Dienst der Gesundheit der Menschen in und um Bremerhaven und nicht zu Lasten der Beschäftigten.

Lassen Sie mich an dieser Stelle all denen danken, die dazu beigetragen haben, diesen prächtigen Neubau administrativ und planerisch vorbereitet und schließlich umgesetzt haben. Dazu gehören die Architekten um Prof. Mühlich genauso wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Verwaltung, Pflege, Therapie und Ärzteschaft. Es waren manche Unwägbarkeiten finanzieller, technischer und baulicher Art zu überwinden, die schließlich gemeistert wurden. Für diesen über den üblichen Dienst hinausgehenden Einsatz danke ich Ihnen sehr.

Manche von Ihnen werden überrascht sein, dass dieser Neubau auf den ersten Blick so gar nichts von Krankenhausatmosphäre hat. Das war von Anfang an so gewollt. Umso mehr freue ich mich, dass wir diesen Neubau heute offiziell in Betrieb nehmen können. Ich wünsche Ihnen allen, die hier arbeiten und all denen, die hier wieder gesund werden wollen, viel Erfolg und viele positive Erfahrungen.

 

 

Für diesen Artikel wurden folgende Schlagworte vergeben