"Keine Straßennamen mit Nationalsozialismus-Vergangenheit" - Stadt lässt Hintergrund der Namensgeber überprüfen

In Bremerhaven soll es zukünftig keine Straßen mehr geben, die den Namenszug von Personen tragen, die in das nationalsozialistische Regime verstrickt waren. Das gesamte Straßenverzeichnis soll daher von einem Expertengremium überprüft werden. Dafür hat sich der Magistrat in seiner heutigen Sitzung ausgesprochen.

Auslöser der Aktion ist eine öffentliche Debatte um den Namensgeber der Bremerhavener Frenssenstraße, den Schriftsteller Gustav Frenssen. Ein Hinweis aus der Bevölkerung hatte auf seinen antisemitischen Hintergrund aufmerksam gemacht. Dem deutschen Schriftsteller ist seit 1925 eine Straße im Stadtteil Lehe gewidmet. „Wir gehen damit in eine fundierte Diskussion über Persönlichkeiten, die Straßenamen in Bremerhaven erhalten haben und eventuell mit dem nationalsozialistischen Regime in Verbindung gestanden haben“, sagte dazu Oberbürgermeister Melf Grantz.

Zunächst soll ein aus anerkannten Fachleuten und Historikern zusammengesetztes Expertengremium Beurteilungskriterien entwickeln, auf deren Grundlage eine Bewertung der in Frage stehenden Fälle vorgenommen wird. Anschließend wird eine Empfehlung für den Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung ausgesprochen. Die möglichen Mitglieder des Gremiums werden unter anderem vom Stadtarchiv ausgewählt und dem Magistrat vorgeschlagen.

„Es geht bei der Untersuchung unter anderem um bekannte Persönlichkeiten aus dem direkten Umfeld der Stadt Wesermünde/Bremerhaven wie den von 1917 bis 1945 amtierenden Oberbürgermeister Walter Delius oder den in Lehe geborenen Nobelpreisträger Adolf Butenandt.“, sagte Stadtarchivar Dr. Hartmut Bickelmann. „Beiden wurde in der Vergangenheit verschiedentlich ihre Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus vorgeworfen. Dass entsprechende Anregungen für Umbenennungen der Straßen bisher nicht erfolgt sind, hängt damit zusammen dass das Verhältnis beider Personen zum Nationalsozialismus bisher nicht eindeutig geklärt wurde.“ Für eine solche Klärung bestehe zweifellos Nachholbedarf, wie er in der gegenwärtigen Debatte auch angemahnt werde.

Die ersten Ergebnisse des Expertengremiums werden voraussichtlich im September vorliegen. Der Magistrat wird sich wegen weiterer Schritte dann erneut mit dem Thema befassen.

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