Jeanette-Schocken-Preis 2024 geht an Tanja Maljartschuk

Die unabhängige Jury des Jeanette-Schocken-Preises – Bremerhavener Bürgerpreis für Literatur – hat den Preis in diesem Jahr der ukrainischen Schriftstellerin Tanja Maljartschuk zugesprochen.

Die Preisverleihung findet am Sonntag, dem 5. Mai 2024, um 11.00 Uhr im Deutschen Auswandererhaus in Bremerhaven statt.

Die Autorin geht in ihren jüngsten Schriften der Frage nach, was es bedeutet, aus einem Land zu stammen, dessen Existenzrecht von den russischen Invasoren aggressiv infrage gestellt wird. Und wie sich umgehen lässt mit dem Schmerz, der Wut und der Sprachlosigkeit, die dieser Krieg Tag für Tag heraufbeschwört.

Zur Begründung führt die Jury aus: „Der Jeanette-Schocken-Preis 2024 wird Tanja Maljartschuk zugesprochen. Mit ihrem Essayband ,Gleich geht die Geschichte weiter, wir atmen nur aus‘ fügt die ukrainische Schriftstellerin der Geschichte der Gewalt in Europa die Erfahrung ihres Landes hinzu. Präzise beschreibt die 1983 in Iwano-Frankiwsk geborene Autorin die Auswirkungen von Russlands Expansionspolitik auf den Einzelnen über Generationen hinweg. Frei von Pathos, dafür mit tastender Geste und sprachlich klug verbindet sie persönliches Erleben mit dem erneuten Freiheitskampf ihres Landes und begibt sich zudem auf die Suche nach der jüdischen Vergangenheit der Ukraine. Ihre Essays, Erzählungen und Romane zeichnet ein schmerzhafter Humor aus, mit dem sie wie beiläufig die Abgründe unserer gesamteuropäischen Geschichte aufdeckt. Dabei richtet sie den Blick auf verdrängte Traumata und daraus resultierende Ängste – ob biographisch, aus der historischen Recherche heraus oder mit den erzählerischen Mitteln des Absurden. Tanja Maljartschuk nimmt damit nicht nur sich, sondern alle in die persönliche Verantwortung für eine gemeinsame europäische Geschichte und Gegenwart."

Der Schocken-Preis ist einzigartig in Deutschland. Die Preissumme in Höhe von 10.000 Euro wird nicht wie sonst üblich von einer Kommune, von Banken oder großen Wirtschaftsunternehmen aufgebracht, sondern allein durch Spenden Bremerhavener Bürgerinnen und Bürger.

Der Preis wird alle zwei Jahre in mahnender Erinnerung an die Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten und an das Schicksal all jener Verfolgten vergeben, für die Bremerhaven oftmals die letzte Station auf der Flucht ins Exil war. Im Statut des Preises heißt es: „Mit dem Bekenntnis zur verbotenen und verbrannten, zur unterdrückten und ausgegrenzten Literatur verbindet der Preis die Ermutigung an alle schreibenden Künstlerinnen und Künstler, deren Literatur für dieses Bekenntnis steht, und die deshalb selbst der Förderung, Hilfe oder Anerkennung bedürfen.“

Zur Jury gehören Dr. Gabriele von Arnim, Nico Bleutge, Tobias Lehmkuhl, Dr. Kerstin Preiwuß und Dorothea Westphal.

Die bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger sind:

Irene Dische (1991), Hanna Krall (1993), Louis Begley (1995), Imre Kertész (1997), Tuvia Rübner (1999), Barbara Honigmann (2001), George Tabori (2003), Bei Dao (2005), Lizzie Doron (2007), Ursula Krechel (2009), Richard Sennett (2011) Péter Esterházy (2013), Gerhard Roth (2015), Aris Fioretos (2017), Dževad Karahasan (2019) und Eliot Weinberger (2021).

Für diesen Artikel wurden folgende Schlagworte vergeben