Deutscher Städtetag appelliert an Bundesregierung und EU: Privatisierung der kommunalen Wasserversorgung verhindern, hohe Qualität und stabile Preise sichern

Die Städte warnen vor einer Privatisierung der Wasserversorgung und vor steigenden Preisen. Der Deutsche Städtetag fordert das Europäische Parlament auf, die kommunale Wasserversorgung aus der EU-Richtlinie zur Vergabe von Konzessionen herauszunehmen. "Die kommunale Wasserwirtschaft in Deutschland sichert eine hohe Qualität des Trinkwassers zu bezahlbaren Preisen und investiert nachhaltig in die Infrastruktur. Das beweist auch die hohe Zufriedenheit der Verbraucher. Um eine Wasserversorgung in kommunaler Hand zu behalten, setzt die EU- Richtlinie die Hürden aber so hoch, dass eine Reihe von Kommunen sie nicht erfüllen könnten", sagte der Präsident des Deutschen Städtetages, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, heute nach Sitzungen von Präsidium und Hauptausschuss in Bremerhaven.

Die kommunale Wasserwirtschaft müsse unabhängig von ihrer Rechtsform in kommunaler Hand bleiben können, wo Kommunen dies wünschen. Darauf müsse auch die Bundesregierung gegenüber der EU-Kommission und dem EU-Parlament drängen, in dem sich deutsche EU-Abgeordnete bereits mehrheitlich und parteiübergreifend für eine Herausnahme der Wasserversorgung aus der Richtlinie einsetzen.

Der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments hatte am 24. Januar dem Entwurf einer Richtlinie zur Vergabe von Konzessionen mehrheitlich zugestimmt. Diese Richtlinie sieht derzeit vor, dass Kommunen ihre Wasserversorgung europaweit ausschreiben müssen, wenn sie nicht zu 100 Prozent öffentlich-rechtlich organisiert ist. Zahlreiche Stadtwerke, die in der Regel neben der Wasserversorgung noch andere Sparten bedienen, wie Energie oder Abfallentsorgung, müssten sich nach einer Übergangsfrist ab 2020 einem Konzessionsvergabeverfahren stellen.

„Wir müssen damit rechnen, dass diese Richtlinie der Privatisierung im Wasserbereich Tür und Tor öffnet mit negativen Folgen für die Bevölkerung“, so Ude. Es bestehe die Gefahr, dass bewährte bürgernahe Strukturen der Wasserversorgung durch die Stadtwerke verloren gingen. Auch Qualitätseinbußen beim Trinkwasser könnten dann nicht ausgeschlossen werden. „Wir brauchen eine kommunale Wasserwirtschaft, die nachhaltig handelt und den technisch allerhöchsten Standard auch für die kommenden Generationen sichert. Deshalb muss die Wasserversorgung aus dem Anwendungsbereich der EU-Richtlinie heraus- genommen werden“, sagte Ude. Wenn sich dafür keine Mehrheit finde, müsse das EU-Parlament die Richtlinie ablehnen. Die Hoffnung auf sinkende Preise durch Privatisierungen in der Wasserversorgung habe sich beispielsweise in Frankreich und England nicht erfüllt. Das Gegenteil sei der Fall.

Wenn die Wasserversorgung nach der derzeit vorliegenden EU-Richtlinie auch zukünftig in kommunaler Hand gehalten werden soll, müsste sie in vielen Städten umorganisiert werden. Das heißt, die Wasserversorgung müsste als eigenständige hundertprozentige Tochter der Kommune ausgegliedert werden. Eine Umstrukturierung, so Ude, verursache allerdings mehr Bürokratie und höhere Kosten, etwa durch eine Extra-Rechnungslegung, Datenbank- und Kundenpflege.

Die Richtlinie stehe zudem im Widerspruch zum Vertrag von Lissabon, der die kommunale Selbstverwaltung bei der Daseinsvorsorge betont, zu der die Wasserversorgung ausdrücklich gehöre. Die geplante Ausschreibungspflicht greife daher in das Recht der Mitgliedstaaten auf die eigene Organisation ihrer Aufgaben der Daseinsvorsorge ein. Zudem werde in der EU-Wasserrahmenrichtlinie deutlich herausgestellt, dass Wasser keine übliche Handelsware ist, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.

 

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