September 2019 / Tag der Stadtgeschichte

SZ Carl von Ossietzky erinnert an 50 Orten der Diktatur an die Vergangenheit

Am 18. September wurde der Bombardierung Wesermündes im 2. Weltkrieg zum fünften Mal mit einem „Tag der Stadtgeschichte“ gedacht. Die Federführung lag in diesem Jahr beim Schulzentrum Carl von Ossietzky, rund 190 Schülerinnen und Schüler des Abiturjahrgangs der Gymnasialen Oberstufe luden an 50 ausgewählten „Orten der Diktatur“ in der gesamten Stadt zu Vorträgen und Präsentationen ein.

190 Schülerinnen und Schüler laden zu Vorträgen ein

„Das Gebäude wurde nach dem Krieg zu einem Ballsaal umgebaut, aber während der NS-Diktatur war es eines von insgesamt 21 Lagern für Zwangsarbeiter im Stadtgebiet“, erklären die vier Schüler vor dem Parkhaus Vitalclub im am Rand des Speckenbüttler Parks. Eine schwierige Quellenlage, elende Lebensbedingungen und große Unterschiede in der Behandlung der Kriegsgefangenen aus westlichen und östlichen Ländern – die Gruppe der Schule am Ernst-Reuter-Platz hört dem an drei Projekttagen entstandenen Vortrag aufmerksam zu. Ein Foto wird herumgezeigt: Unter dem Grabstein mit Vornamen haben auf dem Leher Friedhof acht russische Kinder ihre letzte Ruhestätte gefunden. Die Begegnungen am „Tag der Stadtgeschichte“ hinterlassen nicht nur hier einen unmittelbaren Eindruck.

„Das Ziel ist es, der eigenen Vergangenheit nachzuspüren und aufzudecken, an welchen Orten in Bremerhaven sich historische Ereignisse zugetragen haben“, sagt Schuldezernent Michael Frost, der den von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Projekttag in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung, dem Lehrerfortbildungsinstitut, dem Historischem Museum, dem Stadtarchiv und den Bremerhavener Oberstufenzentren entwickelt hat. „Die Verbrechen des Nationalsozialismus sind keine abstrakten Themen für Geschichtsbücher, sondern sie haben sich auch in den Häusern, auf den Straßen und Plätzen unserer Stadt zugetragen.“

Auch interessierte Bürgerinnen und Bürger lassen sich informieren

Davon erzählen heute unter fünf Schwerpunkten die Schülerinnen und Schüler des Abiturjahrgangs der Gymnasialen Oberstufe am SZ Carl von Ossietzky, die „Orte der Diktatur“ reichen vom Debstedter Weg und Luftschutzmaßnahmen in Leherheide über die Erinnerung an die Pogromnacht an der jüdischen Synagoge bis zum Beitrag über die Neuwahlen zum Reichstag im Kulturladen Wulsdorf. Das Ende des Rechts- und Verfassungsstaates, das Herrschaftssystem der NS-Diktatur, Diskriminierung, Verfolgung und Vernichtung,

Ausgrenzung und der 2. Weltkrieg: Nicht nur die Abschlussjahrgänge der Bremerhavener Oberschulen, sondern auch jüngere Klassen und interessierte Bürgerinnen und Bürger lassen sich informieren.

Im Studio von Radio Weser.TV geht es um die Gleichschaltung der Medien, werden mit einem Propagandafilm das Rollenverständnis und die Kriegsvorbereitungen des NS-Regimes aufgearbeitet. Auf Schaubilder setzt dagegen die Gruppe, die in der Schule am Ernst-Reuter-Platz über den Jugendprotest gegen das System berichtet und sich dabei auf eine Gerichtsakte beruft – konkrete Fakten machen das bis ins Private reichende Ausmaß der Schreckensherrschaft deutlich. „Das Wissen um diese Ereignisse ist unerlässlich, um die Errungenschaften der Demokratie und der Freiheit für die Zukunft zu bewahren“, so Michael Frost. Der „Tag der Stadtgeschichte“ ist dazu ein guter und nachhaltig wirkender Weg.