Rede von Stadtverordnetenvorsteher Artur Beneken zur Verleihung der Verdienstmedaille der Stadt an Gerlinde Berk

Anrede,

im Namen der Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats habe ich die ehrenvolle Aufgabe, heute die Verdienstmedaille der Stadt Bremerhaven zu verleihen. Mit dieser Ehrung wird die ehemalige Abgeordnete der Bremischen Bürgerschaft, Frau Gerlinde Berk, ausgezeichnet. So hat es die Stadtverordnetenversammlung am 5. Mai 2011 beschlossen.

Die 1979 eingeführte Verdienstmedaille wird Bürgerinnen und Bürgern verliehen, die sich in besonderer Weise um unsere Stadt verdient gemacht haben. Das war vor Deiner Zeit als Stadtverordnete, liebe Gerlinde. So kann also niemand auf die Idee kommen, Du hättest sozusagen schon frühzeitig an Deiner zukünftigen Ehrung mitgewirkt. Nein, im Ernst, als Du am 25. Oktober 1979 zum ersten Mal in die Stadtverordnetenversammlung eingezogen bist, konnte noch niemand ahnen, dass Gerlinde Berk heute mit der Verdienstmedaille der Stadt Bremerhaven ausgezeichnet werden würde.

Die heutige Vergabe dieser besonderen Auszeichnung ist erst die siebte. Sie sehen also, dass die Stadtverordnetenversammlung sehr mit ihren Ehrungen geizt. Ich meine, das ist auch richtig so. Denn diese Ehrung ist etwas Besonderes. Und diese Ehrung hat sich Gerlinde Berk redlich verdient. Denn Du warst ja nicht nur Politikerin, sondern Du bist in die Politik gegangen, weil Du erkannt hast, dass nur diejenige etwas ändert, die sich auch engagiert. Das Schimpfen oder Lästern war und ist noch nie Deine Sache gewesen. Dazu bist Du zu handfest und bodenständig.

Das hat sicher auch mit Deinem Beruf zu tun, den Du gelernt hast. Als Einzelhandelskauffrau im Kaufhaus Merkur und dann im Horten-Kaufhaus hast Du immer an der „Front“ gestanden, hast mit feinem Gespür mitbekommen, was geredet wurde, wie die Stimmung in der Stadt war. Mit Deinem Eintritt in die SPD im Januar 1971 hast Du Dich schon früh politisch engagiert. Da war es folgerichtig, für die Stadtverordnetenversammlung zu kandidieren. Wie schon gesagt, am 25. Oktober 1979 bist Du Mitglied unseres Stadtparlaments geworden und bist es zwölf Jahre lang geblieben. 1991 hast Du dann für die Bremische Bürgerschaft kandidiert und wurdest als Bremerhavener Vertreterin in unser Landesparlament gewählt, übrigens gleichzeitig mit dem derzeitigen Präsidenten Christian Weber. Der Bremischen Bürgerschaft gehörte Gerlinde Berk dann bis 2007 an.

Sowohl in der Stadtverordnetenversammlung als auch in der Bremischen Bürgerschaft gehörte Gerlinde Berk verschiedenen Ausschüssen, vom Grundstücks- und Siedlungsausschuss über den Gesundheitsausschuss bis hin zum Bauausschuss und zum Finanzausschuss, an. In der SPD-Fraktion war sie über viele Jahre auch im Vorstand engagiert. Sie war also eine Politikerin, die fast alle Bereiche abgedeckt hat. Nur ein oder zwei Bereiche habe ich bisher noch nicht genannt. Und die sind ihr die wichtigsten: Kultur und Wissenschaft. Im Kulturausschuss der Stadtverordnetenversammlung war sie Sprecherin der SPD von 1983 bis 1991, in der Bürgerschaft war sie wissenschaftspolitische Sprecherin ihrer Fraktion.

Diese Daten und Fakten geben aber gar nicht richtig wieder, was Gerlinde Berk für Bremerhaven geleistet hat. Dass wir hier im Oberen Foyer des Stadttheaters zusammengekommen sind, ist ja kein Zufall. Denn Gerlinde Berk ist diesem Theater in einer Weise verbunden, die ganz besonders ist. Und ich behaupte: Ohne Gerlinde Berk wäre dieses Theater nicht in einer großen Kraftanstrengung saniert worden. Deswegen ist das Foyer hier der richtige Ort, um Deine Verdienste zu würdigen. Ich weiß, jetzt wehrst Du ab. Nun bin ich aber beharrlich und wiederhole meine Behauptung: Ohne Gerlinde Berk wäre das Stadttheater nicht saniert worden. Denn ich kenne Gerlinde und kenne ihre Beharrlichkeit. Wenn sie von einer Sache überzeugt ist, dann setzt sie sich dafür ein, dann ist ihr kein Weg zu lang. Und das gilt vor allem für IHR Theater.

Gerlinde, die ja mit dem Theater aufgewachsen ist, wusste, dass dieses Haus an eine Grenze gekommen war. Die Arbeitsbedingungen für die Menschen in den Werkstätten und für die Künstler waren unzumutbar. Das wussten viele, aber deshalb ist ein Beschluss, viele Millionen aufzutreiben und einzusetzen, noch lange nicht gefasst. Dazu bedarf es einer Gerlinde Berk. Sie ist von Pontius zu Pilatus gelaufen und hat für ihr Theater geworben. Die der Kultur aufgeschlossenen Politiker brauchte sie nicht zu überzeugen. Es galt, die Kulturfernen auf ihre Seite zu ziehen! Und das hat Gerlinde Berk mit ihrer unnachahmlichen Art und ihrer Beharrlichkeit geschafft. Dafür gebührt ihr unser aller großer Dank. Und in diesen Dank werden sicher auch all diejenigen einstimmen, denen Gerlinde Berk damals auf die Nerven gegangen ist.

Als Wissenschaftspolitikerin in der Bremischen Bürgerschaft hat sich Gerlinde Berk, die selbst keine akademische Ausbildung absolvieren konnte, vor allem für die Hochschule Bremerhaven, für das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung sowie das Deutsche Schiffahrtsmuseum engagiert. Wenn heute Bremerhaven zur Spitzengruppe der Städte mit den höchsten Wissenschaftsausgaben pro Kopf der Bevölkerung gehört, so ist das auch ein Verdienst von Gerlinde Berk. Dass Bremen und Bremerhaven 2005 als erste deutsche Städte das Prädikat „Stadt der Wissenschaft“ erhielten, darf sie sich auch mit auf ihr Konto gutschreiben.

Vor allem ihr Engagement für die Hochschule Bremerhaven war herausragend. Die Hochschule fand in Gerlinde Berk eine glänzende Lobbyistin, die sich für den Ausbau dieser für unsere Stadt und die Unterweserregion bedeutenden Wissenschaftseinrichtung eingesetzt hat. Es war daher nur konsequent, dass ihr die Hochschule Bremerhaven im Jahr 2006 für ihre Verdienste um den Ausbau die Ehrenbürgerwürde verliehen hat, übrigens als erster Frau. Mit dieser Ehrung wurde von der Wissenschaftsseite deutlich gemacht, dass sich Gerlinde Berk in herausragender Weise um die Entwicklung des Wissenschaftsstandorts Bremerhaven verdient gemacht hat.

Als Gerlinde Berk aus der Stadtverordnetenversammlung ausschied war das ein großer Verlust für die Kommunalpolitik. Denn sie war eine Kulturpolitikerin, wie es sie seitdem nicht wieder gab. Ich möchte das an dieser Stelle ganz deutlich sagen. Sie hat in ihrer Zeit als aktive Kulturpolitikerin gemeinsam mit dem damaligen Dezernenten Horst von Hassel dazu beigetragen, dass sich in Bremerhaven ein kulturell aufgeschlossenes Klima entwickeln konnte. Historisches Museum, Literarische Woche, viele Initiativen konnten sich auf ihren Sachverstand und ihr Engagement verlassen. Sie war Ansprechpartnerin für alle, die kulturell etwas bewegen wollten. Ein Bildhauersymposion, an das sich viele nicht mehr erinnern werden, deren steinernes Erbe aber im Bürgerpark heute noch zu bewundern ist, ging beispielsweise auf ihr Engagement zurück.

Ich werde nicht der Versuchung erliegen, alle Initiativen nun aufzuzählen, die es ohne Gerlinde Berk in unserer Stadt nicht gäbe. Lassen Sie mich an dieser Stelle Friedrich Schiller, den großen Theaterdichter, zitieren, der, meine ich, ganz passend das Credo für Gerlinde Berks Engagements geschrieben hat: „Die Kultur soll den Menschen in Freiheit setzen und ihm dazu behilflich sein, seinen ganzen Begriff zu erfüllen. Sie soll ihn also fähig machen, seinen Willen zu behaupten; denn der Mensch ist das Wesen, welches will.“ (Aus: „Über das Erhabene“)

Gerlinde Berk hat sich immer dafür eingesetzt, dass den Menschen in Bremerhaven kulturelle Teilhabe möglich ist, um allen die Möglichkeit zu geben, zu sich selbst zu finden. Sie hat damit eine Erfahrung, die sie selbst gesammelt hat, versucht weiterzugeben. Dass sie nach dem aktiven politischen Leben nicht untätig bleiben konnte, ist klar. Und es gab neben anderen natürlich nur ein Amt, das für sie wie geschaffen war. Als 1. Vorsitzende des Theaterfördervereins hat sie ihr Herzensanliegen, unser Stadttheater, zu ihrer Hauptaufgabe gemacht. Und ich finde es eine schöne Geste des Theaters, dass im neuen Spielzeitplan Gerlinde Berk mit ihrem Sohn Erik und ihrer Enkelin Isabella abgebildet ist – denn hier ist sie in ihrem zweiten Zuhause und fehlt nie bei einer Premiere auf ihrem angestammten Platz in der ersten Reihe.

Es ist mir eine große Ehre und eine große Freude, Dir, liebe Gerlinde, die Verdienstmedaille der Stadt Bremerhaven überreichen zu können. Ich denke, es wird niemanden hier und in der ganzen Stadt geben, der sie Dir nicht gönnt. Du hast Dich um Bremerhaven verdient gemacht. Dafür danke ich Dir im Namen der Bürgerinnen und Bürger Bremerhavens.

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