Rede von Stadtrat Uwe Parpart anlässlich der Veranstaltung "Mehr Teilhabe erreichen - Ein attraktives Bremerhaven für Alle!"

Sehr geehrte Frau Bundestagsvizepräsidentin Schmidt!
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher Beneken!
Liebe Kolleginnen und Kollegen aus Magistrat und Stadtverordnetenversammlung!
Sehr geehrter Herr Flathmann!
Liebes Team der Lebenshilfe Bremerhaven!

Zuerst einmal möchte ich mich recht herzlich bei denjenigen bedanken, die Jahr für Jahr den Parlamentarierabend ausrichten mit dem Ziel, die Belange behinderter Menschen ins öffentliche Bewusstsein zu bringen und nicht locker lassen, das Thema „Inklusion“ in unserer Stadt voranzubringen.

Das Motto dieser Veranstaltung lautet in diesem Jahr: „Mehr Teilhabe erreichen - Ein attraktives Bremerhaven für Alle!“

„Eine Stadt für Alle“, unter dieses Motto stellen wir auch ganz bewusst den Teilhabeplan der Stadt Bremerhaven.

Eine Stadt für Alle“ bedeutet, dass überall dort, wo Menschen mit Behinderungen leben und arbeiten, ihre Freizeit verbringen oder sich in Vereinen organisieren, so sein möchten wie alle anderen auch: selbstbestimmt, unabhängig und gleichbehandelt.

Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verwirklicht sich im Zusammenleben in einer Gemeinde aber nur, wenn sie die gleichen Rechte wahrnehmen und im Sinne eines barrierefreien Zugangs zu unterschiedlichen Lebens-bereichen am gesellschaftlichen Leben mitwirken können.

Das Leitziel „Inklusion“ der UN-Behindertenrechtskonvention beabsichtigt die Förderung eines selbst-ständigen Miteinanders behinderter und nichtbehinderter Menschen.

Im Dezember 2006 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Am 30. März 2007 unterzeichnet die Bundesrepublik Deutschland das Übereinkommen in New York.

Am 26.03.2009 dann tritt die UN-Behindertenrechts-konvention auch in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft.

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23.03.2011 stellt das Gericht klar, dass die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland Gesetzeskraft hat.

Seit 2009 arbeiten wir hier in Bremerhaven an der Umsetzung.

Seit 2012 befasst sich auch der Senat der Freien Hansestadt Bremen mit der Entwicklung eines Teilhabeplanes für das Land Bremen.

Schon das Grundgesetz in Artikel 3, Abs. 3 betont, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.

Die Landesverfassung Bremen – und das ist vielleicht gar nicht so bekannt – geht hier noch ein Stück weiter. Hier heißt es in Artikel 2, Abs. 3:

„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Menschen mit Behinderung stehen unter dem besonderen Schutz des Staates. Der Staat fördert ihre gleichwertige Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Auf diese Ausführungen in der Landesverfassung können wir zu Recht stolz sein, nur, er muss auch in der Praxis gelebt werden.

Was ich mit diesen rechtlichen Abhandlungen ausdrücken will ist, dass es einen unverrückbaren Anspruch behinderter Menschen in unserer Gesellschaft zur gleichberechtigten Teilhabe gibt.

Was heißt das konkret für unsere Stadt?

Nachdem wir 2009 und 2011 zwei große Workshops in der Volkshochschule mit Betroffenen durchgeführt haben, sind diese Ergebnisse in den ersten Entwurf eines Teilhabeplans – und hier ist er – eingeflossen. Es handelt sich wohlgemerkt um einen Entwurf, den wir bis zum Jahresende noch breit abstimmen wollen.

Dies gilt für den Bereich des Magistrats, aber auch für den Bereich der Verbände und der Betroffenen.

Am 05. September wird es in der Volkshochschule einen Workshop geben, in dem ganz konkret der Teilhabeplanentwurf diskutiert werden soll.

Hier bestehen dann noch Möglichkeiten der Ergänzungen in den verschiedenen Schwerpunktbereichen.

Die Vorgabe ist, dass der Teilhabeplan für die Stadt Bremerhaven in der Dezember-Stadtverordnetenversammlung diskutiert und beschlossen werden soll.

Vorher geht der Plan natürlich noch in den zuständigen Sozialausschuss.

Wie geht es danach weiter?

Wir werden der Stadtverordnetenversammlung vorschlagen, einen selbstständigen Beitrat für behinderte Menschen der Stadt Bremerhaven einzurichten, damit die Betroffenen und ihre Verbände in Zukunft eigenständig und regelmäßig die Umsetzung des Teilhabeplanes begleiten können.

Wir empfehlen der Stadtverordnetenversammlung in Zukunft jährlich den Teilhabeplan auf die Tagesordnung zu setzen, um die laufende Umsetzung, aber möglicherweise auch Ergänzungen der Ziele zu beraten und zu beschließen.

 Meine sehr verehrten Damen und Herren,

das Motto „Eine Stadt für Alle!“ muss im Bereich der Teilhabe behinderter Menschen aktiv in unserer Stadt Bremerhaven gelebt werden. Bremerhaven hat sich in vielen Bereichen schon sehr viel Mühe gegeben, wir wissen aber, dass das Ziel der vollen Inklusion behinderter Menschen in unserer Stadtgesellschaft in die Lebens- und Arbeitswelt noch ein langer Weg ist.

 Lassen Sie mich an dieser Stelle eine kurze aktuelle Bemerkung machen:

Es kann nicht sein, dass die Terrasse am neu renovierten Deich zum Weserstandbad für Menschen mit Behinderungen nicht barrierefrei erreichbar ist. Dies musste öffentlich eingefordert werden, weil es offensichtlich noch nicht Standard ist, dass die Planerinnen und Planer solcher Baumaßnahmen automatisch auf die Belange behinderter Menschen eingehen - übrigens nicht nur behinderter, sondern auch älterer Menschen , und Familien mit Kinderwagen sind von diesen Barrieren betroffen.

Es gilt also nicht nur, Barrieren in sachlicher, baulicher oder rechtlicher Art zu beseitigen, sondern vor allem die Barrieren in den Köpfen, z. B. von Planerinnen und Planer.

Es muss in Zukunft Standard werden, dass keine neuen Barrieren errichtet werden und alte Barrieren abgebaut werden.

Behinderte Menschen gehörten nicht an den Rand unserer Gesellschaft, sondern in die Mitte unserer Gesellschaft, dafür müssen wir uns dauerhaft und immer wieder einsetzen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen heute Abend noch viele angeregte Gespräche.

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