Rede von Oberbürgermeister Jörg Schulz beim Festakt zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Werner Lüken

Anrede,


„Ring Of Fire" - mit diesem legendären Song von Johnny Cash haben die Musiker Jörg Seidel und Joe Dinkelbach diese Feierstunde eingeleitet, zu der ich Sie im Namen der Stadt Bremerhaven recht herzlich begrüße. Dass es gerade dieser Titel war, hat seinen guten Grund, denn er ist einer der Lieblingssongs des Mannes, der heute Abend hier im Deutschen Schiffahrtsmuseum im Mittelpunkt steht: Werner Lüken, von vielen auch „Mr. Lloyd Werft" genannt.


Kein anderes Wort ist in unserer Stadt so allgegenwärtig wie der Name Lloyd, der aus dem Keltischen stammt und „grau" oder auch „weise" bedeutet. In Bremerhaven gibt es die Lloydstraße, das Lloyd-Gymnasium, die Lloyd Marina, den Lloydplatz, die Lloyd-Apotheke, Taxi-Lloyd, den Rickmers-Lloyd Dockbetrieb. Und natürlich die Lloyd Werft, die auf eine mehr als 150-jährige Geschichte zurückblicken kann. Einen wichtigen Teil davon hat seit 1987 der langjährige Vorsitzende der Geschäftsführung, Werner Lüken, persönlich mitgeschrieben, der wie kein anderer dieses Traditionsunternehmen verkörpert.


Mit dem Namen Lüken sind spektakuläre Schiffsumbauten verbunden, die weltweit wegen ihrer technischen Raffinesse und Präzision Aufsehen erregten. Der Name des gebürtigen Wesermünders steht auch für die Treue zu seiner Heimatstadt, die sich in zahlreichen Ehrenämtern widerspiegelt, und den Einsatz für die maritime Wirtschaft am Standort Bremerhaven. Dieses Engagement setzt er auch fort, nachdem er am 30. Juni 2010 mit 70 Jahren in den Ruhestand getreten und als Vorsitzender in den Aufsichtsrat der Werft gewechselt ist.


In ihrer Sitzung am 2. September 2010 hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, Werner Lüken wegen seiner Verdienste um die Stadt Bremerhaven die Ehrenbürgerwürde zu verleihen. Diese Ehrung greift übrigens nach genau 90 Jahren eine Tradition wieder auf, die schon 1885 begann. Damals wurde der Gründer des Norddeutschen Lloyds, H. H. Meier, zum Ehrenbürger Bremerhavens berufen. In den Jahren 1919 und 1920 zeichnete die damalige Stadt Geestemünde die beiden legendären Schiffbauunternehmer Georg Wilhelm Claussen, Direktor der Tecklenborg-Werft, und Georg Diedrich Seebeck, Gründer der gleichnamigen Werft, auf diese Weise aus.

 Werner Lüken ist also in bester Gesellschaft. Nach neun Jahrzehnten wird nun mit ihm wieder eine verdiente Persönlichkeit aus der Schiffbauindustrie geehrt, die zur wirtschaftlichen Entwicklung der Unterweserstädte entscheidend beigetragen hat. Ich freue mich sehr, dass ich heute im maritimen Rahmen hier im Deutschen Schiffahrtsmuseum diese Ehrung vornehmen kann, zu der ich neben Werner Lüken auch ganz besonders seine Ehefrau Christa begrüße.


Meine Damen und Herren, mit dem langjährigen Chef der Lloyd Werft würdigt die Stadt Bremerhaven das Lebenswerk eines herausragenden Unternehmers, der die Seefahrt und die maritime Wirtschaft von der Pike auf gelernt hat. Der Wesermünder Jung des Jahrgangs 1939 - aufgewachsen in der Prager Straße - begann nach der Mittleren Reife 1956 als Maschinenschlosserlehrling auf der Seebeckwerft. Danach zog es ihn zur See, und er fuhr auf den Schiffen der Union Kühlschiffahrt und der Hanseatischen Hochseefischerei. Nach einem Ingenieurstudium in Bremerhaven blieb er an Land und arbeitete als Reedereiinspektor bei der Union Kühlschiffahrt, bevor er sich Mitte der siebziger Jahre als Geschäftsführender Gesellschafter mittelständischer Betriebe sowie als Berater und Vereidigter Sachverständiger für Schiffsbetriebstechnik selbstständig machte.


Über diese Tätigkeit fand er den Weg zur damaligen Hapag-Lloyd Werft, bei der Ende 1983 der erste große Umbau der „Queen Elizabeth 2" anstand. Innerhalb von 14 Tagen sollte das Flaggschiff der Cunard Line in Bremerhaven auf Vordermann gebracht werden. Als der dafür vorgesehene Projektleiter im letzten Moment wegen einer Krankheit ausfiel, sprang als Retter in der Not der freiberufliche Berater Lüken ein. Das bedeutete für ihn: „Gute Bezahlung, 14 Tage lang nicht nach Hause und eine große Herausforderung" - so erinnerte er sich viele Jahre später an seinen Start auf der Lloyd Werft.


Die kurzfristige Berufung von Werner Lüken als Projektleiter war für die Werft ein Segen, denn auf diese Weise begann seine eindrucksvolle Karriere beim Lloyd. 1986/87 war er dabei, als die „Queen Elizabeth 2" erneut nach Bremerhaven kam und in einem einmaligen Kraftakt von 179 Tagen runderneuert wurde. Die ganze Stadt fieberte damals mit, als der Countdown bei diesem größten Umbau der Handelsschifffahrt lief. Die Lloyd Werft gewann den dramatischen Wettlauf gegen die Uhr und bestätigte ihr weltweites Renommee als Spezialistin für Modernisierungen, Umbauten und Reparaturen. Für diesen guten Ruf in der Schiffbaubranche hatte sieben Jahre zuvor bereits der nicht minder spektakuläre Umbau der einstigen „France" zur „Norway" gesorgt.


Ein Jahr nach der Generalüberholung der „QE 2" wurde Werner Lüken Geschäftsführer der Lloyd Werft. Als sie 1997 nach dem Zusammenbruch des Vulkan-Verbunds allein dastand, in zwei Insolvenzen gehen und zahlreiche Arbeitsplätze abbauen musste, stieg er als Geschäftsführender Gesellschafter ein. Seither hat er die Höhen und Tiefen der Schiffbauindustrie miterlebt - sowohl bei der Lloyd Werft als auch im Vorstand des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik. Seit 2007 ist er Vorsitzender dieser Vereinigung von mehr als 100 Werften, Meerestechnikunternehmen und Zulieferern.


Werner Lüken verstand es, die Bedeutung der Lloyd Werft als Spezialistin für technisch anspruchsvolle Aufträge weiter zu stärken. Die Belegschaft wurde als Folge der Vulkan-Pleite und des Strukturwandels im deutschen Schiffbau kleiner, doch die Projekte wurden umfangreicher, komplexer und hochwertiger. So verlängerte und verschönerte die Werft binnen weniger Wochen drei moderne Kreuzfahrtschiffe der Norwegian Cruise Line. Das besondere Know-how, die Kreativität und Termintreue der Belegschaft machten es möglich.


Vor allem bei der atemberaubenden Verlängerung von Kreuzfahrtschiffen standen die Mitarbeiter unter extremem Zeitdruck und ließen die ganze Stadt bis zum letzten Tag mitfiebern, weil es stets ungewiss war, ob sie das Schiff pünktlich an den Auftraggeber abliefern würden. Die Bremerhavener waren stolz - und sind es noch heute - auf die Lloyd Werft und deren Präzisionsarbeit made in Bremerhaven.


Dann kam allerdings jene stürmische Januarnacht 2004, in der das Kreuzfahrtschiff „Pride of America" während des Baus im Hafenbecken havarierte. Nicht nur die Menschen in Bremerhaven und umzu, sondern an der ganzen Küste waren geschockt und bangten um die Zukunft des Unternehmens. Doch mit ihrem Gemeinschaftsgeist und ihrer weltweit geschätzten Leistungsfähigkeit überwanden die Schiffbauer die schwierige Situation. Sie konnten die „Pride of America" zu Ende bauen und bewahrten sich die Treue der Kunden.


Mit Werner Lüken an der Spitze geriet die Werft wieder in ruhigeres Fahrwasser und bewies, dass sie mit ihrem hochqualifizierten Mitarbeiterstamm hervorragend für die Zukunft aufgestellt ist, auch wenn die internationale Wirtschaftskrise ihren Tribut forderte und Personal abgebaut werden musste. Gerade in der vergangenen Woche konnte das Unternehmen die erfreuliche Nachricht verkünden, dass es zwei wichtige Aufträge an Land gezogen hat. Diesmal geht es nicht um die Verlängerung, sondern gleichzeitig um die Verkürzung und Vergrößerung zweier Fähren.


Seit dem 1. Juli 2010 ist „Mr. Lloyd Werft" nun offiziell im Ruhestand, der allerdings eher ein Unruhestand sein dürfte. Sicherlich ist er nicht mehr so oft wie früher auf Dienstreise, als er in einem Jahr sogar mal an 150 Tagen unterwegs war, davon an 110 Tagen im Ausland. Doch jemand wie Werner Lüken kann nicht einfach die Hände in den Schoß legen, zumal er nicht nur ein leidenschaftlicher Schiffbauer, sondern auch ein begeisterter Bremerhavener ist.

Seine Heimatstadt hat ihm viel zu verdanken. Er gehört zu jenen Bürgern, die sich für die Allgemeinheit einsetzen, ohne groß darüber zu reden. So engagiert er sich ehrenamtlich im Förderverein des Deutschen Schiffahrtsmuseums und im Initiativkreis Deutsches Auswandererhaus. Unter seiner Führung förderte das Unternehmen in erheblichem Maße das kulturelle Leben der Stadt, den Sport und Einrichtungen wie den Zoo am Meer, in dem die Lloyd Werft die Patenschaft für den nach ihr benannten Eisbären übernommen hat. Und auch die sportlichen Eisbären aus der Basketball-Bundesliga profitieren von der großzügigen Unterstützung durch den Sponsor Lloyd Werft.


Lieber Werner, Du hast Dir so viele Verdienste um Deine Heimatstadt erworben, dass es vollauf gerechtfertigt ist, Dich zum Ehrenbürger zu ernennen. Du warst ein Glücksfall für die Lloyd Werft und für Bremerhaven. Die Werft ist Dein Lebenswerk und untrennbar mit dieser Stadt verbunden. Dafür gebühren Dir Dank und Anerkennung, und dies kommt durch die heutige Ehrung zum Ausdruck.


In der Geschichte Bremerhavens und der Unterweserstädte wirst Du als 23. Ehrenbürger ausgezeichnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg bist Du erst der 11. seit 1960. Dabei ist es ein außerordentlich glücklicher Umstand, dass mit Deiner Ehrung in diesem Jahr bereits zum dritten Mal die Ehrenbürgerwürde verliehen wird, nachdem es zuvor bei der Vergabe eine längere Pause gegeben hatte. Denn diese drei Ehrungen zeigen, wie hervorragend sich Bremerhaven in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Daran haben sowohl die Wissenschaft und Forschung als auch die maritime Wirtschaft einen wesentlichen Anteil, und deshalb ist es nur folgerichtig, dass die Stadt Bremerhaven die Verdienste dreier Persönlichkeiten aus diesen Bereichen würdigt.


Daher freue ich mich sehr, dass ich Dir, lieber Werner, jetzt die Ehrenbürger-Urkunde überrreichen zu können, die für den Geehrten übrigens mit keinerlei finanziellen Vorteilen verbunden ist. Danach bitte ich Dich um die Eintragung ins Goldene Buch der Stadt Bremerhaven.


Der neue Ehrenbürger erhält jedoch nicht nur eine Urkunde. Lieber Werner, wir halten noch einige Überraschungen für Dich bereit, und dabei haben wir uns davon leiten lassen, dass Du viele Jahre lang Regie geführt hast - im Bremerhavener Schiffbau ebenso wie als Verbandsvorsitzender in der gesamten Branche.


Zunächst erinnern wir mit einer in dieser Original-Kinofilmdose enthaltenen DVD daran, wo die Wurzeln der Lloyd Werft liegen. „Auf großer Fahrt - Reisen mit dem Norddeutschen Lloyd 1930-1970" heißt die historische Dokumentation über die legendäre Reederei, die mit Bremerhavens Geschichte so eng verbunden ist wie nur wenige andere Unternehmen. Und da Du den Ruf eines begnadeten Strippenziehers und Regisseurs genießt, gibt es für Dich einen Regiestuhl, der Deinen Namen und das Wappen der Stadt Bremerhaven trägt. Und dazu einen dazugehörigen Hocker, damit Du auch mal die Beine hochlegen kannst - das steht ja einem Ruheständler wohl zu, auch wenn er noch so aktiv ist wie Du.


Schließlich gibt es für Dich noch eine richtige Filmklappe, wie sie Regisseure bei ihren Dreharbeiten verwenden. Auf der Klappe steht auch bereits der Name des passenden Films: „Kurs Bremerhaven". Ich bin überzeugt, dass Du als leidenschaftlicher Schiffbauer auch künftig klaren Kurs halten wirst, vor allem natürlich im Aufsichtsrat der Lloyd Werft.


Auch mit dem folgenden Musiktitel möchten wir Dir eine Freude machen, denn wir wissen, wie sehr Du die Musik von Frank Sinatra magst. Deshalb hören wir jetzt Jörg Seidel und Joe Dinkelbach mit dem wohl berühmtesten Sinatra-Song: „My Way". Deinen Weg, lieber Werner, bist Du immer konsequent gegangen, auch wenn er nicht immer leicht war, und Du hast dabei viele Erfolge erzielt. Im Namen der Stadt Bremerhaven gratuliere ich Dir noch einmal recht herzlich zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde und wünsche Dir alles erdenklich Gute.

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