Rede von Oberbürgermeister Grantz anlässlich der Einweihung des Anbaus Deutsches Auswanderer Haus

Anrede,

jetzt haben schon viele Redner vor mir etwas zu diesem gelungenen Erweiterungsbau gesagt und als vierter Redner ist es immer etwas schwierig, noch passende und vor allem interessante Worte zu einem Anlass zu finden.

Heute, nur sieben Jahre nach Eröffnung des Auswandererhauses, feiern wir hier die Eröffnung des Erweiterungsgebäudes. Das, meine Damen und Herren, nenne ich eine Erfolgsgeschichte und dieser Erfolg des Deutschen Auswandererhauses ist gleichzeitig auch ein Erfolg für die Stadt Bremerhaven. Als erster Baustein der Havenwelten und damit praktisch Keimzelle für den touristischen Wandel in unserer Stadt, ist das Deutsche Auswandererhaus etwas ganz Besonderes.

Wir sind stolz darauf, dieses international bekannte Museum hier in Bremerhaven zu haben. Und das nicht nur, weil das Deutsche Auswandererhaus im Jahr 2007 als Europäisches Museum des Jahres ausgezeichnet wurde. Durch die Konzeption, die Ideen, die Sonderausstellungen und den Einsatz, ist diese Einrichtung mittlerweile an vielen Orten auf der Welt ein Begriff. Dazu zählt auch die enge Zusammenarbeit mit Migrationsexperten wie dem bekannten Ellis Island Immigration Museum vor der Küste von New York. Ein Bezug, wie er schöner nicht sein könnte. Immerhin ist Bremerhaven auch heute noch als die „die letzte Stadt vor New York“ in den Köpfen vieler Menschen im In- und Ausland verankert.

Um solche Kontakte zu bekommen und zu pflegen ist mehr notwendig, als nur eine Ausstellung irgendwo zu installieren und Eintritt zu nehmen. Um eine Institution wie das Deutsche Auswandererhaus zu werden, sind auch hohe Fachkompetenz und ernsthafte wissenschaftliche Arbeit notwendig. Dahinter steht unter anderem Frau Direktorin Dr. Simone Eick, die mit vielen Publikationen und Buchveröffentlichungen auf dem Gebiet der Migration eine anerkannte Expertin ist.

Auch auf dieses internationale wissenschaftliche Renommee können wir hier in Bremerhaven stolz sein. Ebenso, wie auf die gute und überzeugende Arbeit des gesamten Teams im Deutschen Auswanderhaus. Auch sie sorgen dafür, dass das Besucher-Interesse seit der Eröffnung im Jahr 2005 ungebrochen ist.

Mit diesem Erweiterungsbau nun beschreitet das Deutsche Auswandererhaus neue Wege. Das alles wäre ohne die hervorragende Arbeit der Ausstellungsmacher rund um Andreas Heller nicht möglich. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Beteiligten und bei Ihnen, Herr Heller, persönlich bedanken. Sie haben sich wieder viele Gedanken und viel Mühe bei Gebäudegestaltung und Ausstellungsinhalt gemacht. Außerdem gilt mein Dank natürlich auch der finanziellen Beteiligung seitens der Betreiber sowie dem Land Bremen und dem Bund, die die Verwirklichung dieser neuen Attraktion in den Havenwelten möglich gemacht haben.

Thematisch wird das Deutsche Auswandererhaus durch den Anbau nun auch – wir haben es schon gehört - ein Einwandererhaus. Damit geht das DAH in eine Richtung, die für Deutschland und damit für viele Städte in Deutschland ein Thema ist – so auch für Bremerhaven.

Schließlich ist unsere Stadt über Jahrzehnte nicht nur der größte Auswandererhafen Europas gewesen, sondern war und ist auch heute noch Anlaufpunkt für Menschen, die eine neue Heimat, ein neues Zuhause und Arbeit suchen.

Besonders in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sind viele Menschen aus Südeuropa hierhergekommen. Sie haben sich aufgemacht, um in anderen Ländern zu arbeiten, sich ein besseres Leben aufzubauen und dann in die Heimat zurück zu kehren.

Es sind diese Menschen, die als so genannte Gastarbeiter hier bei uns in Bremerhaven vor allem in die Fischwirtschaft gegangenen sind – aber auch in den Schiffbau und in andere Wirtschaftszweige. Was zuerst als kurzer Aufenthalt in einem fremden Land gedacht war, hat sich für viele dieser Menschen zu ihrer neuen Heimat entwickelt. Sie blieben hier, holten ihre Familien nach, arbeiteten, bauten Häuser. Die Kinder wurden hier eingeschult, sind heute selbst erwachsen und haben wieder Familien gegründet.

Mittlerweile leben diese Mitbürger aus der Türkei, aus Portugal, aus Griechenland und anderen Ländern in der dritten oder vierten Generation in unserer Stadt. Sie arbeiten als Facharbeiter, als Taxifahrer, sind Gemüsehändler, Mediziner oder Ingenieure. Trotzdem haben sie sich ihre eigene Kultur bewahrt und bereichern damit unsere Gesellschaft.

Dabei sind die Grenzen zwischen den Kulturen nicht selbstverständlich fließend. Es gibt Missverständnisse, es gibt Sprachprobleme, es gibt Isolation und Vorurteile. Wo es aber keine Brücken zwischen den verschiedenen Völkern, Sprachen und Meinungen gibt, da müssen sie gebaut werden. Das Stichwort Integration ist eng verbunden - praktisch verwoben - mit der Immigration und das bedeutet auch, dass wir aufeinander zu gehen müssen.

Eine Stadtgesellschaft mit so vielen unterschiedlichen Menschen und Kulturen kann nur funktionieren, wenn es eine integrative Stadtgesellschaft ist. Hier sehe ich auch in Bremerhaven eine der vordringlichsten Aufgaben der Politik, um zu vermitteln, zu fördern und Chancengleichheit zu schaffen. Die frühkindliche Sprachförderung ist dabei nur eines der sinnvollen Mittel, um Barrieren in der multi-kulturellen Gesellschaft abzubauen.

Auf dem Höhepunkt der Anwerbung von so genannten „Gastarbeitern“ im Jahr 1970 lag der Zuzug in Deutschland bei rund einer Million Menschen jährlich. Heute leben in unserem Land rund 16 Millionen Menschen mit einem Migrationshintergrund. Alle diese Menschen sind natürlich potenzielle Besucher eines bestimmten Museums, das sich mit dem Thema Einwanderung und dann auch noch speziell mit dem Thema Einwanderung in Deutschland beschäftigt.

Meine Damen und Herren, es gibt Museen und Ausstellungen, die werden gebaut, ohne das so ganz klar ist, woher die Besucher eigentlich kommen sollen. Mit den eben erwähnten 16 Millionen Menschen im Hintergrund allerdings - die ja praktisch schon auf dem Weg nach Bremerhaven sind - kann ich nur sagen: Herr Heller, Herr Böhrnsen und Herr Neumann und alle Projekt-Beteiligten –das haben Sie wirklich gut gemacht!

In diesem Sinne wünsche ich den Betreibern des Deutschen Auswandererhauses mit ihrem Anbau und erweiterten Ausstellung alles Gute, viel Erfolg und vor allem viele begeisterte Besucher.

 

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