Viel Rauch um Fisch: Räucheröfen laufen seit 100 Jahren

Räucherei Franke lebt Fischtradition im Bremerhavener Fischereihafen

Wenn man Jürgen Franke sieht, möchte man meinen, er wäre als Junge am liebsten Lokführer auf einer Dampflokomotive geworden. Die flache, schwarze Mütze auf dem Kopf, darunter vorwitzig die blonden Haare zur Seite, die blauen Augen funkeln hinter den Brillengläsern – und er riecht tatsächlich nach Rauch. Das kommt aber nicht daher, weil er in seiner Freizeit eine Dampflok fährt. Jürgen Franke ist Fischräucherer und hat sich damit seinen Lebenstraum erfüllt. Die Traditions-Räucherei seiner Familie ist ein fester Bestandteil in der Geschichte des Bremerhavener Fischereihafens.

„Wir sind hier in der Halle am Schaufenster Fischereihafen schon seit 1968. Vorher waren wir in einer anderen Fischhalle. Damals hat mein Vater dieses Gebäude von einer Räucherei übernommen. Unsere Räucheröfen sind aus dem Jahr 1924“, sagt Jürgen Franke stolz und verriegelt mit Schwung eine der großen schwarzen Metalltüren des Ofens, hinter der es ordentlich qualmt und Flammen in die Höhe züngeln. Ein bisschen Lokführer ist er doch.

Der 58-jährige leitet die Firma gemeinsam mit seinen drei Geschwistern Rainer, Sybille und Margret. Er ist der jüngste in der Familie, hat das Räuchern von der Pike auf von seinem Vater Herbert Franke gelernt. „Als mein Vater sich zu Ruhe gesetzt hat, sind meine Geschwister mit ins Unternehmen eingestiegen. Jetzt sind wir wieder alle zusammen“, freut sich Jürgen Franke.

Fisch räuchern, sagt er, ist eine Handwerkskunst. Fürs Heißräuchern braucht es vor allem einen Haufen trockenes Buchenholz auf dem Ofenboden. „Damit die Scheite schön brennen, muss die Lüftungsklappe oben im Abzug offen sein. Die sieht man nicht, aber man hört sie“, lacht Jürgen Franke. „Ich zeig das mal.“ Er zieht an einer langen Metallkette. Tief in der Backsteinmauer rumst es einmal mächtig. Die Klappe ist definitiv zu. Jürgen Franke zieht erneut an der Kette. „So, wieder offen. Ohne frische Seeluft wird das ja sonst nichts.“

Bis der Fisch im Räucherofen durchgegart ist, dauert es gut zwei Stunden. „Ich lege immer mal wieder ein, zwei Holzscheite nach. Ein guter Räucherfisch braucht Zeit“, erzählt Jürgen Franke. „Ist der Ofen zu heiß, trocknet der Fisch am Kopf aus und kann vom Spieß runterfallen.“ Er selbst steht hier an den Räucheröfen seit er 18 Jahre alt ist. Aber auch schon als Kind ist Jürgen Franke gleich nach der Schule immer zu seinem Vater in die Räucherei gegangen. „Das war hier mein Spielplatz. Gratis auf den Treckern oder im leeren Eiswaggon mitfahren – herrlich“, lacht er fröhlich.

Zu dieser Zeit in den 1970er Jahren sei das Leben im Fischereihafen noch ganz anders gewesen. „Das Hafenbecken lag voll mit Fischdampfern. Es gab Lebensmittelläden, Friseure und jede Menge Kneipen. Hier waren überall Seemänner auf den Straßen unterwegs. Die haben hier quasi gewohnt. Da ging es vom Ton her auch schon mal etwas rauer zu“, grinst Jürgen Franke. „Für Touristen wäre das damals hier nichts gewesen.“
Heute ist das Areal an der alten Packhalle zum Schaufenster Fischereihafen umgebaut – inklusive Theater, Restaurant- und Ladenmeile. “Ich mag die Atmosphäre hier“, sagt der Fischräucherer und öffnet die schwere, schwarze Metalltür des Ofens neben ihm. Insgesamt stehen hier fünf Räucheröfen. Alle sind in Betrieb und mit verschiedenen Fischen bestückt. Die langjährige Erfahrung von Jürgen Franke ist gefragt.

„Jeder Fisch reagiert anders“, sagt er beim Blick in den qualmenden Ofen. „Makrelen werden fest und biegen den Schwanz ein bisschen rum. Heilbutt muss schön rund sein und das Fett muss sich richtig aufpusten.“ Würde man aber eine Makele so räuchern, wie eine Forelle, dann würde sie wegen des starken Feuers aufplatzen und unansehnlich werden. Schellfisch braucht viel Feuer. Heilbutt braucht nicht so viel Feuer. „Der ist so zwischen Makele und Forelle“, sagt Jürgen Franke und schließt die Klappe wieder. „Braucht noch gut ein Stündchen.“

Traditionell wird in der Räucherei Franke der frisch geräucherte Fisch direkt an die Laufkundschaft verkauft. Der Tresen mit der beleuchteten Glasauslage steht gleich neben den Öfen. So können die Besucher den Fischräucherern bei der Arbeit zusehen und gleichzeitig den Räucherfisch kaufen. „Wir haben neben einzelnen Fischen auch gemischte Pakete mit  Lachs, Heilbutt, Makele oder Hering“, sagt Jürgen Franke. Die kleinen Holzkisten mit ausgelegtem Pergamentpapier sind so urtümlich wie die gesamte Räucherei.

Dass er sein Handwerk versteht, zeigt Jürgen Franke mit der kleinen Schippe voller Holzschnipsel und einem Augenzwinkern. „Erlenhackspäne“, verrät er sein Geheimrezept. „Die gibt dem Fisch die satte Farbe und macht ein schönes Aroma.“ Nur einen winzigen Spalt öffnet er die beiden Ofentüren. Sofort wabert dichter Rauch bis zur Hallendecke hoch. Vorsichtig schüttet er die Späne auf die schwelende Glut des Bucherfeuers im Räucherofen. „Jetzt macht man den Ofen dicht und lässt alles schön durchziehen“, sagt er, reißt an der Metallkette und schließt mit lautem Rumsen die Lüftungsklappe im Abzug.

Rund vier Stunden dauert es insgesamt – dann ist der Räucherfisch fertig. Die kohlrabenschwarzen Holzrahmen mit den aufgereihten Fischen in der Mitte werden zum Abkühlen in die Metallregale im Verkaufsraum gehängt. Gut 300 Kilogramm Fisch kann Franke in einem Durchgang mit seinen fünf Öfen räuchern. Auf dem Metallboden des Ofens schwelt noch die Glut. Jürgen Franke geht zur Kiste mit dem duftenden Buchenholz und legt die nächsten Scheite in den Räucherofen. Knisternd fangen die ersten Funken auf dem Holz an zu leuchten. Der Fischräucherer pustet ein paar Mal in die Glut, zieht seine schwarze Mütze etwas fester in die Stirn und sieht mächtig zufrieden aus: „Ich möchte nichts anderes tun.“

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