Politische Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte wird gestärkt

Magistrat empfiehlt Neukonzeption für Migrationsrat

Der Magistrat der Seestadt Bremerhaven hat sich für eine neue migrantische Interessenvertretung in Bremerhaven ausgesprochen. Er empfiehlt der Stadtverordnetenversammlung, den sogenannten „Migrationsrat“ zu beschließen. Mit einem entsprechenden Beschluss der Stadtverordneten in ihrer heutigen (22. September 2022) Sitzung würde der Migrationsrat dann den Rat der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger für die Stadt Bremerhaven (RaM) zur neuen Legislaturperiode ab Herbst 2023 ablösen.

Der zuständige Stadtrat Uwe Parpart begrüßt den Entschluss des Magistrats: „Durch seine Verschränkung mit der Politik wird dem Migrationsrat eine effektive Stimme gegeben und mehr politische Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte ermöglicht als bisher.“ Denn im Gegensatz zum derzeitigen „Rat ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger“ (RaM) als gewählte Interessenvertretung der ausländischen Bevölkerung werde der geplante Migrationsrat viel breiter aufgestellt sein. „Mit der Weiterentwicklung zu einer thematischen Interessenvertretung, in der alle Personen mit Migrationsgeschichte vertreten sein können, reagieren wir als Seestadt auf die Tatsache, dass Integration und die Förderung von Chancengerechtigkeit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist“ erläutert der Stadtrat. Durch die neue Struktur des Migrationsrates sollen die Rechte des Gremiums erweitert, die Einbindung in politische Entscheidungsprozesse gestärkt und der Fokus auf eine effektive inhaltliche Arbeit ermöglicht werden. Auch die in diesem Rahmen geplante Einrichtung einer Geschäftsstelle sei zu begrüßen: „Diese wird den künftigen Migrationsrat in organisatorischen Fragen entlasten“, so Parpart. Die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung der migrantischen Interessenvertretung in Bremerhaven wurde bereits 2020 im 2. Bremerhavener Integrationskonzept festgehalten. Wegen der geringen Wahlbeteiligung von 3,03 % hatten sich auch RaM-Mitglieder Ende 2021 für eine Neuorganisation des Gremiums ausgesprochen und eine Verjüngung und flexiblere Arbeitsstrukturen als konkrete Ziele benannt. Auf dieser Basis hat das Dezernat von Stadtrat Parpart einen beteiligungsorientierten Prozess initiiert mit vier Veranstaltungen im Zeitraum von März bis Juli 2022. Neben einem RaM-internen Workshop im März gab es drei größere Veranstaltungen, zu denen breit eingeladen wurde. „Der Entwurf des Migrationsrats ist das Ergebnis dieses Prozesses, an dem neben dem RaM auch einschlägige lokale Vereine, der Bremer Rat für Integration und viele weitere zivilgesellschaftliche Akteure, Verwaltung und Politik beteiligt waren“, führt Parpart weiter aus. Besonders gefreut habe er sich, dass sich Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Generationen, Religionen und unterschiedlicher Herkunftsländer und Nationalitäten mit ihren Ideen, Empfehlungen und Wünschen in die Neukonzeption eingebracht haben. „All dieses wurde bei der Formulierung des neuen Ortsgesetzes berücksichtigt. Die Zielsetzung des Gremiums, die Benennungskriterien, die Stellvertreterregelung und die flexible und themenzentrierte Arbeit durch Arbeitsgruppen entsprechen genau den Empfehlungen, die die Teilnehmenden des Bürger:innen-Forums am 4. Juli 2022 in der Hochschule Bremerhaven für die inhaltliche Ausrichtung des zu schaffenden Gremiums geäußert haben“, erläutert Parpart. Zukünftig sollen die 24 von Institutionen vorgeschlagenen Akteure direkt von der Stadtverordnetenversammlung berufen werden. „So erhält der Migrationsrat eine direkte politische Legitimation, die bislang auch mit Blick auf die niedrige Wahlbeteiligung leider so nicht gegeben war. Das Gremium hat die besten Startchancen, um konstruktiv arbeiten zu können und eine funktionierende Interessenvertretung der Menschen mit Migrationsgeschichte für die Stadt Bremerhaven zu werden“, so Parpart abschließend.

Hintergrund:

Der delegierte Migrationsrat wird aus 24 Mitgliedern vor allem aus der Zivilgesellschaft bestehen und aus jeweils einer Vertreterin/einem Vertreter der in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Fraktionen. Damit in diesem Gremium eine kontinuierliche Besetzung gewährleistet ist, werden Regelungen zur Stellvertretung und Nachfolge eingeführt. Die 24 von Institutionen vorgeschlagenen Akteur:innen werden von der Stadtverordnetenversammlung berufen.

Aufgabe des Migrationsrates wird es sein, die gleichberechtigte Teilhabe und Partizipation von Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte, die Chancengerechtigkeit und das gleichberechtigte Zusammenleben in der Stadt Bremerhaven im weitesten Sinne zu fördern und zu unterstützen. Dabei soll ein vielfaltssensibler und diskriminierungskritischer Ansatz verfolgt werden. Damit dies gut gelingen kann, soll bei der Besetzung des Gremiums die gesellschaftliche Vielfalt in Bezug auf Alter, Geschlecht und Nationalität beachtet und eine eigene Migrationsgeschichte der Mitglieder angestrebt werden. Die Vielfalt an Perspektiven und Themen im Gremium wird neben den genannten persönlichen Kriterien auch über die Anbindung an Institutionen sichergestellt. Die Institutionen schlagen Mitglieder vor, die von der Stadtverordnetenversammlung berufen und entsprechend politisch legitimiert werden. So werden die Mitglieder aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen wie Arbeitsmarkt, Bildung oder Gesundheit benannt. Viele Zugewanderte engagieren sich aktiv in Organisationen und bringen vielfältige Erfahrungen mit. Auf diese Weise erhält das Gremium eine Brückenbauerfunktion. Informationen und konkreter Bedarf der Menschen mit Migrationsgeschichte können so besser kommuniziert werden. Zudem wird dem Migrationsrat die Möglichkeit eingeräumt, auf Veränderungen in der Zivilgesellschaft zu reagieren und in seinem Sinne auf die Besetzung des Rats einzuwirken. Denn das Gremium soll sich um fünf Mitglieder (und fünf Stellvertreterinnen bzw. Stellvertretern) erweitern, die es selbst vorschlägt. Der Migrationsrat kann dies beispielsweise auf Grundlage eines Bewerbungsverfahrens tun.

Mit dem Instrument der Arbeitsgruppen wird zudem erstmals die Möglichkeit einer dauerhaft offenen Beteiligung geschaffen. Die Arbeitsgruppen bilden das Herzstück des Gremiums. Hier findet der Kern der inhaltlichen Arbeit und der thematischen Auseinandersetzungen statt. Die Arbeitsgruppen können sich um ständige Gäste erweitern. So können Minderheiten besser berücksichtigt werden. Interessierte Menschen können sich grundsätzlich flexibler einbringen. Dies ermöglicht auch die Mitarbeit von jenen Menschen, die sich aufgrund ihrer persönlichen Situation nicht für eine ganze Legislaturperiode verpflichten möchten.

Mit der vorgeschlagenen Struktur wird die migrantische Interessenvertretung im Land Bremen angeglichen. Die Rechte des Gremiums werden an die Vorgaben der Satzung des Bremer Rates für Integration angepasst. Durch die Möglichkeit, der Stadtverordnetenversammlung und ihren Ausschüssen Vorschläge, Empfehlungen und Stellungnahmen vorzulegen, kann der Migrationsrat die Interessen der Menschen mit Migrationsgeschichte in die Politik einbringen. Zudem hat er in allen Ausschüssen grundsätzlich Rederecht zu Fragen der Integration.

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