Neueröffnung der Kogge-Halle: Das mittelalterliche Raumschiff startet durch!

Das Deutsche Schiffahrtsmuseum (DSM) präsentiert das Herzstück seiner Sammlung.

Monatelang wurde gearbeitet. Jetzt präsentierte das Deutsche Schiffahrtsmuseum (DSM) das Herzstück seiner Sammlung - die Bremer Hansekogge von 1380 - in ihrem neuen Gewand: der neu gestalteten Kogge-Halle. Hier schlüpfen die Besucher ab sofort in die Rolle von Kapitänen oder Seeleuten, die mit dem Schiff im 14. Jahrhundert über die Meere segelten. Oder sie werden zu Forschern und entdecken, wie die Wissenschaft mit dem wichtigen historischen Fund arbeitet. Die Eröffnung der neuen Kogge-Halle fand im Beisein des Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft, Matthias Kleiner, der Bremer Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt und Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz statt. Sie markiert den Startpunkt zur Neuausrichtung des DSM, die sich noch bis 2020 fortsetzen wird.

„Heute ist der Tag, an dem wir Ihnen das neue Deutsche Schiffahrtsmuseum vorstellen möchten“, sagt Sunhild Kleingärtner sichtlich begeistert. „Mit der Eröffnung unserer neuen Kogge-Halle machen wir den ersten Schritt der Erneuerung des Museums sichtbar“, so die Direktorin des DSM weiter. Kleingärtner verspricht den Besucherinnen und Besuchern des neuen Ausstellungsbereiches neue Perspektiven auf ein 600 Jahre altes Objekt. Optisch ist das auf den ersten Blick gelungen. Auf den Zweiten auch. Das dunkle Holz der alten Hansekogge passt sich hervorragend in die moderne und hell gestaltete Umgebung der neuen Halle ein. Dabei wirkt es fast ein wenig so, als läge das Schiff, das als Kulturerbe von internationalem Rang gilt, in einer Werft.

Die Galerien der Kogge-Halle umschließen es wie ein Dock. Dabei steht jede der drei Ebenen für einen anderen Aspekt der Betrachtung des wichtigsten Handelsschiffes des europäischen Mittelalters. Auf der untersten Ebene betrachtet man die Kogge aus Sicht der Forscher, die das Schiff seit 55 Jahren restaurieren und und mit ihm arbeiten. Eine Ebene darüber geht es um die Perspektive der Seefahrer, die damit vor 600 Jahren den Handel der Hanse ermöglichten und zu deren großem Erfolg beitrugen. Auf der obersten Galerie wechselt man schließlich in die Rolle des Beobachters. Es geht dabei um die Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und der Zukunft von Museum, Objekt, Betrachter und Wissenschaft. Wie fließend die Zeitlinien dabei durchbrochen werden, zeigt sich besonders wenn Kleingärtner, bei der für ihre Laststärke bekannten Kogge, von einem „mittelalterlichen Raumschiff“ spricht.

Für Matthias Kleiner, den Präsidenten der Leibniz-Gemeinschaft, zeigt sich „Das DSM und die anderen sieben Leibniz-Forschungsmuseen sind ganz besondere Juwelen. Hier wird den interessierten Besucherinnen und Besuchern gezeigt, was Forschung bedeutet, nämlich der Blick hinter den Horizont als eine strukturierte Abfolge von Fragestellung und Erkenntnisgewinn“, so Kleiner. Dem pflichtet Wissenschaftssenatorin Eva Quante-Brandt bei: „Das Museum macht Forschung als Schaufenster der Meeresforschung transparent«, betont die Bremer Senatorin. „Die Umsetzung der Neugestaltung am DSM wird jetzt sichtbar. Das ist ein wichtiges und positives Signal für das Land Bremen als Wissenschaftsstandort“, unterstreicht Quante-Brandt.

Oberbürgermeister Melf Grantz zeigte sich von der neuen Kogge-Halle ebenfalls begeistert: „Das DSM bewahrt die maritime Vergangenheit nicht nur Bremerhavens, sondern der ganzen Bundesrepublik“, sagte Grantz. „Ohne Kenntnis der maritimen Vergangenheit kann es keine maritime Zukunft geben“, so der OB weiter. Die Eröffnung der Kogge-Halle sei der sichtbare Beginn einer Neuerfindung des DSM als Forschungseinrichtung und als touristische Attraktion. Dazu gehöre übrigens auch, dass das DSM eine Vorreiterrolle bei nationalen Museen hinsichtlich der Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung spiele. Um diesen Menschen den Zugang zur Ausstellung zu erleichtern, wurden sowohl zahlreiche bauliche, als auch vermittlungstechnische Maßnahmen umgesetzt. Dazu gehören ein taktiles Leitsystem auf dem Fußboden, mit dem Rollstuhl unterfahrbare Vitrinen, Hörtexte und Tastmodelle für Sehbehinderte sowie ein Audioguide in Leichter Sprache.

 

Übrigens:
Die Bremer Hanse-Kogge wurde vor 55 Jahren bei Baggerarbeiten am Bremer Europahafen freigelegt. Bis zu ihrer Entdeckung kannte man diesen Schiffstypen nur von Zeichnungen, Münzen und Siegeln. Die in Bremerhaven stehende Kogge ist bis heute das weltweit besterhaltenste Handelsschiff des europäischen Mittelalters. Für die Wissenschaft war und ist sie eine Weltsensation von hoher Bedeutung und zugleich eine riesige Herausforderung. Fast 20 Jahre lang lag das Schiff, dass zum Ausgangspunkt für die spätere Gründung des DSM als Nationalmuseum wurde, in einem Konservierungsbad. Mit Eröffnung der neuen Kogge-Halle bildet das Herzstück des Museums nun passenderweise auch wieder den ersten Meilenstein bei dessen Umgestaltung. Fast neun Monate hat es gedauert, die Halle umzubauen und die Ausstellung zu gestalten. Die Gesamtkosten beliefen sich dabei auf 3,8 Millionen Euro.   Marco Butzkus