Lernen vom Ostfriesenkiller: Bestseller-Autor Klaus-Peter Wolf gibt Schreibwerkstatt für Bremerhavener Schüler

Auf dem Tisch liegt ein Stapel Bücher. Dahinter ein freundlich lächelnder Mann Anfang 60 mit grauem Vollbart, geflochtenem Zopf und wachem Blick. Davor sitzen ein knappes Dutzend Schülerinnen und Schüler, die wie gebannt an den Lippen des Bärtigen kleben. Schule in Bremerhaven kann spannend sein. Besonders wenn ein Bestseller-Autor wie Klaus-Peter Wolf („Ostfriesenkiller“) eine Schreibwerkstatt abhält und dabei viele eigene Erfahrungen vermittelt.

„Um es für den Leser besonders spannend zumachen, geht er immer ein Stück mit meiner Hauptfigur mit“, erzählt Klaus-Peter Wolf. „Dabei weiß er aber ein klein wenig mehr als der Protagonist der Geschichte, das reibt an den Nerven“, berichtet der Bestellerautor und lächelt hintergründig. Die Schülerinnen und Schülern des Schulzentrums Geschwister Scholl, die in seiner Schreibwerkstatt sitzen, schauen ihn dabei fasziniert an. Einmal im Jahr hält der 62-jährige Erfolgsautor einen solchen Workshop in Bremerhaven ab. Das sei aus der guten Verbindung zum hiesigen Friedrich-Bödeker-Kreis und der Freundschaft zu dessen Vorsitzenden Rolf Stindl entstanden. Lese- und Leserförderung ist für Wolf nach wie vor ein wichtiges Anliegen – auch als Bestseller-Autor. „Wenn unsere Kinder aufhören zu lesen, dann sind wir erledigt“, sagt Wolf, jetzt erstaunlich ernst.

Das neueste Buch seiner Ostfriesen-Krimi-Reihe hat sich in eineinhalb Wochen gut 180.000 Mal verkauft. Es ist jetzt seit zwei Wochen unangefochtenen an der Spitze der Spiegel-Bestsellerliste. „Und dabei läuft die Werbung für den Roman erst Ende dieser Woche an“, freut sich der Erfinder des Ostfriesen-Krimis, jetzt wieder schelmisch lächelnd. Er könne eigentlich immer noch nicht so recht fassen, was in den letzten paar Jahren mit ihm geschehen sein. Die letzten vier Bände der Buchreihe wurden allesamt zu Bestsellern. Das erste Buch „Ostfriesenkiller“ ist inzwischen 700.000 Mal verkauft worden. Unvorstellbar. Das sei aber nicht immer so gewesen, berichtet der drahtige Wahl-Ostfriese. Es habe eine Zeit gegeben in der seiner Romane wie Steine in den Regalen der Buchhandlungen gelegen hätten und niemand zu seinen Lesungen erschienen sei.

Wie das gewesen sei, wenn man liest und niemand kommt, will eine der Schülerin im Kreis wissen. „Ziemlich traurig“, antwortet Wolf. „Bei einer meiner ersten Lesungen in Leer hat die Stadt ihrem Namen alle Ehre gemacht, und es waren gerade einmal sieben Leute im Publikum. Man muss dann durchhalten, weil die, die dann da sind, ja auch wirklich gekommen sind, weil sie sich für das interessieren, was man macht“, so Wolf weiter. Er habe sich dann jemanden aus dem Publikum ausgesucht, der besonders aufmerksam schien, und sich vorgestellt er würde eben nur für diese eine Person lesen. Das habe prima geklappt. Dass Wolf auf solche Tricks zurückgreifen musste, ist lange her. Heute sind seine Lesungen bis auf den letzten Platz ausverkauft und die Schlange vor seinen Bücherständen unendlich lang – auch in Bremerhaven.

Seit zehn Jahren stellt Wolf, jedes Jahr am Karnevalsdienstag, seinen neuesten Ostfriesen-Krimi in der Seestadt vor. Die ersten acht Jahre hat er das recht passend im Amtsgericht gemacht. Bei seinem Freund, dem Amtsgerichtspräsidenten Uwe Lissau, der auch ein Vorwort für das aktuelle Buch geschrieben hat. Inzwischen ist der Gerichtssaal zu klein geworden und Wolf bespielt das TiF – natürlich ebenfalls ausverkauft. Im Vorfeld seiner Lesungen in Bremerhaven hält sich der Autor immer einige Tage in der Stadt auf und hält auch die Schreibwerkstatt ab, die sich eines sehr regen Zuspruchs erfreut. „Es geht dabei um die Vermittlung des Schreibhandwerks“, erklärt Wolf seinen Teilnehmern. Das Talent selber könne man nicht vermitteln, das müsse man haben, aber das Handwerk sei erlernbar. Er macht das jetzt seit 25 Jahren – früher vor allem für Regisseure und Drehbuchautoren bei ARD und ZDF - und habe immer noch einen riesengroßen Spaß daran. Es sei eben etwas Beglückendes, mit talentierten Menschen zu arbeiten.

Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Schreibwerkstatt ist die Zusammenarbeit mit einem Bestseller-Autor natürlich ebenso ein besonderes Erlebnis. Sie kommen in diesem Jahr von den Berufsbildenden Schulen Sophie Scholl. „Es ist toll, dass sich jemand wie Klaus-Peter Wolf die Zeit dafür nimmt, mit ganz normalen Menschen zusammenzuarbeiten“, freut sich eine der Teilnehmerinnen. „Auch unsere Lehrer finden das Klasse“, versichert eine andere. Wolf erklärt jetzt den Zusammenhang zwischen den handelnden Personen in einer Geschichte. Eine Hauptfigur sei nur so stark, wie die Gegenfigur. Und eine Geschichte lebe immer vom Konflikt. Das sei wie in dem Märchen mit dem Ritter, dem Drachen und der Prinzessin. „Held - Aufgabe - Belohnung funktioniert immer und in jeder Kulisse. Je mehr der Held unter Druck gesetzt wird, umso spannender wird die Geschichte auch“, erklärt der Krimi-Autor. In seinen Romanen funktioniert das offenbar ganz hervorragend. In puncto Spannung liegen die Ostfriesen-Krimis mindestens so weit vorne, wie ihr Autor in seinem Engagement um die Lese- und Leserförderung an Bremerhavener Schulen.   Marco Butzkus