Haushaltsrede von Bürgermeister Torsten Neuhoff in der Haushaltssitzung der Stadtverordnetenversammlung am 26. November 2020

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Damen und Herren,

mit der Vorlage 59/2020 setzen wir heute die Beratung des Haushaltsplan-Entwurfs für das Kalenderjahr 2021 fort. Anlässlich der Beratungen des Doppelhaushalts 2020/2021 wurde in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 14. Juli 2020 der Haushaltsplan-Entwurf 2020 mit dem Änderungsantrag Ä/AT-5/2020 beschlossen. Für die heutige Sitzung der Stadtverordnetenversammlung lege ich Ihnen den Haushaltsplan-Entwurf 2021 zur weiteren Beratung und Beschlussfassung vor.

Das Verfahren der gemeinsamen Beratung des Doppelhaushalts sowie der getrennten und zeitlich versetzten Beschlussfassungen ist analog zu Bremen geführt worden. Hintergrund ist, dass die Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung 2020 aufgrund der Unvorhersehbarkeit und Weiterentwicklung der Corona-Pandemie mit erheblichen Prognoseunsicherheiten für die wirtschaftliche Entwicklung einschließlich der Steuereinnahmen für die Folgejahre ab 2021 verbunden sind. Inhaltlich gibt es wenig Änderungen im Vergleich zum Juli-Entwurf.

Kommen wir zunächst zum Haushaltsplan-Entwurf:

Für das Haushaltsjahr 2021 beträgt das Haushaltsvolumen in Einnahme und Ausgabe 798.683.850 € und liegt damit um 11.736.570 € über dem des Vorjahres 2020.

Während bei den Einnahmen im Einzelplan „Finanzen und Steuern“ ein Rückgang von 7,642 Mio. € festzustellen ist, erhöhen sich die Einnahmen im Einzelplan „Schulen“ um 6.160 Mio. € und im Einzelplan „Sozial- und Jugendhilfe“ um 13.342 Mio. €.

Auf der Ausgabenseite sind innerhalb der nachfolgenden Einzelpläne gegenüber den Ansätzen 2020 folgende Ausgabensteigerungen besonders signifikant:

Veränderungen innerhalb der Einzelpläne
„Schulen“+ 5.780 Mio. €
„Bau- und Wohnungswesen“ + 2.609 Mio. €
„Finanzen und Steuern“ + 4.240 Mio. €

Die globalen Mindereinnahmen konnten von rd. 10,2 Mio. € auf 6,2 Mio. € reduziert werden. Insbesondere die Entlastungsbeiträge bei den Kosten der Unterkunft (in 2021 + 11,8 Mio. €) minimieren das zusätzliche Risiko.

Weitere Ausgabenrisiken – verursacht durch die Corona-Pandemie sowie damit verbundene Steuerausfälle – haben zunächst keine Auswirkungen auf diesen Haushalt.

Verluste bei den städtischen Gesellschaften können erst nach Abschluss des Geschäftsjahres 2020 vollständig und belastbar beziffert werden; diese gilt es dann über die Fonds auszugleichen.

Wir unterbreiten Ihnen daher einen ausgeglichenen Haushalt für das Jahr 2021; das sich abzeichnende Risiko von 6,2 Mio. €, die globalen Minderausgaben, ist im Haushaltsvollzug auszugleichen.

In der Begründung des entsprechenden Änderungsgesetzes zur Landeshaushaltsordnung wird ausgeführt:
„Bei der Frage, ob ein Haushaltsausgleich erreicht werden kann, fließen in die Berechnung auch ggf. global veranschlagte Minderausgaben mit ein, sofern sie den Rahmen der Vorgabe – realistische Aussicht, dass diese im Vollzug aufgelöst werden kann; also 1-2 Prozent – nicht überschreitet.“

Darüber hinaus wurde in der Vorlage für die Sitzung des Senats bereits am 25. August d. J. zur Genehmigung der Haushaltssatzung der Stadt Bremerhaven für das Haushaltsjahr 2020 unter anderem ausgeführt:

„Bremerhaven hat (…) wegen der COVID-19-Pandemie eine entsprechende Ausnahme (…) erklärt und plant eine Kreditaufnahme (…) im Haushalt 2020 ein. Die Höhe der Kreditaufnahme ergibt sich aus den Mitteln des Bremerhaven-Fonds in Höhe von 70 Mio. € und somit aus dem Ausnahmetatbestand (…), der Konjunkturkomponente (…) sowie der Bereinigung um die finanziellen Transaktionen (…). Im Haushalt 2020 ist ein negativer Finanzierungssaldo von 112,7 Mio. € vorgesehen (…) – Bremerhaven ist damit verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen. Dieses ist der Aufsichtsbehörde mit der Haushaltssatzung vorzulegen.“

„Für das Jahr 2021 resultiert in der Planung ebenfalls ein negativer Finanzierungssaldo in Höhe von 96 Mio. €. Bremerhaven ist damit verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen. Dieses ist der Aufsichtsbehörde mit der Haushaltssatzung vorzulegen.“

Für die Stadtgemeinde Bremerhaven stellt die Corona-Pandemie auch im Haushaltsjahr 2021 eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne des Artikels § 131a Absatz 3 der Landesverfassung dar, die sich der Kontrolle des Staates entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt.

Daher werden wir analog zu Bremen auch im Haushaltsjahr 2021 einen Bremerhaven-Fonds auflegen.

Welche Auswirkungen in Bezug auf die Steuerschätzungen sind zu berücksichtigen?

Im Haushaltsplan-Entwurf für die Haushaltsberatung am 14. Juli 2020 wurden analog zur Vorgehensweise in Bremen für 2021 bis 2023 die Ergebnisse der Steuerschätzung vom Oktober 2019 zugrunde gelegt.

Für 2021 brachte die Steuerschätzung vom Mai 2020 eine Verschlechterung der Einnahmen aus Steuern und Schlüsselzuweisungen von rund 21 Mio. € und die Sonder-Steuerschätzung vom September 2020 rechnet mit weiteren Mindereinnahmen von rund 6 Mio. €; insgesamt somit rund 27 Mio. €. Diese Mindereinnahmen sind im nun vorliegenden Haushaltsplan-Entwurf berücksichtigt worden.

Hiervon dürfen rd. 9 Mio. € nach § 18 a Absatz 1 Landeshaushaltsordnung kreditfinanziert werden.

Die Steuerschätzung vom November 2020 wurde analog zu Bremen nicht mehr im vorliegenden Haushaltsplan-Entwurf berücksichtigt. Danach werden für 2021 weitere Einnahmeausfälle von rd. 7 Mio. € prognostiziert.

Sollte es am Ende des Haushaltsjahres 2021 zu Mindereinnahmen bei den Steuern und Schlüsselzuweisungen gegenüber der Steuerschätzung vom Mai 2020 als Basissteuerschätzung für 2021 kommen, dürfen hierfür gegebenenfalls auch zusätzliche Kredite aufgenommen werden, wenn die Berechnungen nach der Konjunkturbereinigungsverfahrensverordnung dies rechtfertigen.

Sollte es wider Erwarten Verbesserungen geben, sind diese auf die vorhandene Kreditermächtigung für 2021 anzurechnen.

Für 2022 wird nach der Steuerschätzung vom November 2020 gegenüber der augenblicklichen Veranschlagung im Finanzplan ohne Steuerbereinigungen mit einem Minus von rd. 7 Mio. € und für 2023 von rund 9 Mio. € gerechnet.

Grundlage für die Aufstellung des Haushalts 2022 wird allerdings erst die Steuerschätzung vom Mai 2021 sein.

Wie belastet die Corona-Pandemie den öffentlichen Haushalt respektive das Haushaltsjahr 2021?

Nachdem nunmehr die durch den Senat in Bremen in Auftrag gegebenen Gutachten vorliegen, innerhalb einer Begleitgruppe der Senatskanzlei und des Senators für Finanzen abgestimmt und dem Senat mit einer Vorlage „Bremen-Fonds zur Bewältigung der Corona-Pandemie: Ergebnisse der externen Gutachten“ in der Sitzung des Senats am 20. Oktober 2020 zur Kenntnis gegeben wurde, haben sich daraus insbesondere für den Schwerpunktbereich 4 „Mittel- und langfristige Maßnahmen zur Unterstützung des gesellschaftlichen Neustarts nach der Krise“ insgesamt 5 Schwerpunktlinien nebst 14 Handlungsfelder herausgestellt. Zur Bewertung der Förderfähigkeit von Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie haben die Gutachter einen Entscheidungsbaum entwickelt, mit dem insbesondere die Kausalität einer beabsichtigten Maßnahme zur Corona-Pandemie zu belegen ist.

Betrachtenswert ist der Hinweis, dass für alle durch die Corona-Pandemie begründeten Anträge/Maßnahmen folgender Grundsatz gleichermaßen gilt:

Die Verkoppelung der Nettokreditaufnahme mit dem jährlichen Haushalt (§§ 1, 4 LHO) bedeuten, dass die Feststellung einer Notsituation sich jeweils auf ein Jahr bezieht. Die Bremische Bürgerschaft muss demnach in jedem einzelnen Folgejahr erneut darüber Beschluss fassen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 131 a Abs. 3 BremLV im jeweiligen konkreten Jahr erfüllt sind.

Lassen Sie mich nun zur Zusammenfassung kommen:

Im Ergebnis möchte ich die wichtigen Eckpunkte des neuen Haushalts hervorheben:

- Wir legen Ihnen einen Haushaltsplan-Entwurf für das Haushaltsjahr 2021 vor, der nach unserer Einschätzung durch den Senat der Freien Hansestadt Bremen genehmigt werden kann.

- Die Steuermindereinnahmen unter Berücksichtigung der aktuellen Ergebnisse der Steuerschätzungen aus Mai und September 2020 von rd. 27. Mio. € führen zu weiteren Einschnitten, die ebenfalls in unserem Haushaltsplan-Entwurf berücksichtigt wurden.

- Die Steuerschätzung vom November 2020 wurde analog zu Bremen nicht mehr im vorliegenden Haushaltsplan-Entwurf berücksichtigt.
Danach werden für 2021 weitere Einnahmeausfälle von rd. 7 Mio. € prognostiziert.
Sollte es am Ende des Haushaltsjahres 2021 zu Mindereinnahmen bei den Steuern und Schlüsselzuweisungen gegenüber der Steuerschätzung vom Mai 2020 als Basissteuerschätzung für 2021 kommen, dürfen hierfür gegebenenfalls auch zusätzliche Kredite aufgenommen werden, wenn die Berechnungen nach der Konjunkturbereinigungsverfahrensordnung dies rechtfertigen.

- Die globalen Minderausgaben von 6,2 Mio. € können nach unserer Einschätzung im Haushaltsvollzug 2021 durchaus eingespart werden; ggf. sind haushaltsbewirtschaftende Maßnahmen vorzunehmen. Das vorgelegte Haushaltsicherungskonzept berücksichtigt dieses Risiko.

- Es ist davon auszugehen, dass die Finanzaufsicht unter den geschilderten Prämissen von ihrer Forderung, wonach die Stadt Bremerhaven zusammen mit der Haushaltssatzung 2021 ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen hat, nicht abweichen wird, zumal nach dem jetzigen Stand in 2022 und 2023 keine verfassungskonformen Haushalte vorgelegt werden können. Letzteres trifft allerdings auch auf das Land und die Stadtgemeinde Bremen zu.

- Uns ist nicht bekannt, dass die Stadtgemeinde Bremen für 2020 und 2021 ein Haushaltssicherungskonzept erstellt hat. Allerdings ist dies auch nicht in der Landeshaushaltsordnung verankert, da die Haushalte der Stadtgemeinde Bremen auch keiner expliziten Haushaltsgenehmigung durch den Senat der Freien Hansestadt Bremen bedürfen.

- Die finanziellen Auswirkungen aus der Corona-Pandemie – sowohl für das laufende Haushaltsjahr als auch für das kommende – werden für die städtischen Gesellschaften und die Gesellschaften mit kommunaler Beteiligungen erst nach Abschluss des Geschäftsjahres 2020 und später zu berücksichtigen sein. Inwiefern dann eine Lösung über das Land in Verbindung mit dem Bremen Fonds oder aber kommunal über den Bremerhaven Fonds gefunden wird, bleibt zunächst abzuwarten.

- Welche der vielen guten Maßnahmen von Bremerhaven initiiert, dann über die jeweiligen Fonds des Landes oder der Stadtgemeinde Bremerhaven finanziert werden können, bleibt zunächst abzuwarten. Weiterhin gilt der Grundsatz, dass vornehmlich Mittel der EU, des Bundes sowie des Landes für die jeweiligen Maßnahmen heranzuziehen sind.

- Und abschließend nur noch der Hinweis, dass in 15 von 16 Bundesländern keine Gemeinde oder Stadt, geschweige denn ein Landkreis einen eigenen Corona-Fonds eingerichtet hat.
Hier sind sich die Landesregierungen der 15 anderen Bundesländern durchaus ihrer besonderen Finanzverantwortung bewusst, dass es kommunale Rettungsschirme für ihre Städte und Gemeinden geben muss. Dieses wünschen wir uns für unser Land Bremen und unsere Stadt Bremerhaven auch!

- Die anfängliche Zurückhaltung der Stadtkämmerei hinsichtlich eines kommunalen Fonds wird durch die tatsächlichen finanziellen Auswirkungen bestätigt. Das derzeitige Volumen von rd. 4,2 Mio. € kann nach vorsichtiger Einschätzung im Haushaltsjahr 2020 aus dem lfd. Haushalt ausgeglichen werden, so dass ein möglicher Bremerhaven-Fonds für 2021 über den Finanzrahmen von 70 Mio. € verfügen kann.

Eine Beschlussfassung über die Feststellung eines Ausnahmetatbestands für das Haushaltsjahr 2021 habe ich Ihnen mit meinem Beschlussvorschlag vorgelegt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

es ist jetzt an Ihnen, über diesen Entwurf nebst seinen Anlagen zu beraten und zu beschließen. Ich erkenne an, dass die Koalition aus SPD, CDU und FDP in gewissenhafter Kleinarbeit die jeweiligen Einzelhaushalte durchleuchtet hat und Ihnen gleich einen umfassenden Änderungsantrag vorstellen wird.

Die Fraktion Grüne PP sowie auch der finanzpolitische Sprecher der Linken haben sich ebenfalls mit Fragen an mein Dezernat gewandt und werden Änderungsanträge anbieten.

Ich danke somit allen politischen Vertretern für die Würdigung unserer Ausarbeitungen; (m)einen ganz besonderen Dank spreche ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtkämmerei aus.

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