Filmvortrag über den Generalumbau der „QE2“ bringt Saal im Schiffahrtsmuseum an seine Grenzen

Spannender Vortrag über Husarenstück an der Bremerhavener Lloyd-Werft sorgt bei den Besuchern für echtes Gänsehaut-Feeling.

Ein Filmvortrag, der zeigt, was die Bremerhavener Werften Spektakuläres leisten können. Ein Saal, der mit 306 Personen gefüllt aus allen Nähten zu platzen droht. Jede Menge Gästehautmomente, unbändiger Stolz und heitere Erinnerungen. Viel besser hätte die Veranstaltung zum „Generalumbau der Queen Elisabeth 2“, im Deutschen Schiffahrtsmuseum (DSM) wohl nicht laufen können. Das Interesse daran war so groß, dass es im Frühjahr wohl eine Wiederholung geben wird.

„Ich habe mich richtig auf diesen Abend gefreut“, begrüßt Eckhart Knoth die Besucher im Saal des DSM lächelnd. „Wir auch“, ruft jemand aus dem Publikum zurück. „Wenn ich hier so in die Gesichter der Runde schaue, hätten wir uns auch in unserer Lloydkantine treffen können“, so Knoth weiter (Gelächter). In der Tat sind schätzungsweise mehr als 80 Prozent der Besucher im Saal ehemalige Lloyd-Werker, die bei dem Projekt „QE2“ sicher mit angepackt haben. „Diese Leistung, die wir hier vollbracht haben, war nur möglich mit einer Mannschaft, wie sie auf der Lloyd-Werft war“, traf Knoth dann auch den Stolz der anwesenden „Belegschaft“ auf den Punkt genau. Bevor der ehemalige Werftchef jedoch vom größten Umbau in der Geschichte der Handelsschifffahrt berichten konnte, ging es zunächst noch um ein anderes Schiff.

Denn 1979/1980 sorgte die Lloyd-Werft schon einmal für Schlagzeilen in der Schiffbauwelt. Als die Bremerhavener das damals größte Passagierschiff der Welt, die SS „France“ zur SS „Norway“ umbauten. Seinerzeit nicht weniger spektakulär, denn der Lloyd bot die Leistung in 33 Wochen an. Der damalige Leiter der Schiffbaukonstruktion, Klaus Regul, berichtete launig darüber, wie er das Schiff damals von Le Havre aus überführen sollte und 100.000 Franzosen den Hafen blockierten, weil sie nicht wollten, dass das Schiff außerhalb von Frankreich umgebaut wird. „Wir lagen eine Woche fest. Die Zeitungen schrieben damals: Das war so, als wenn man den Eiffelturm aus Paris rausholen wollte“, berichtet Regul ernst. Der Lloyd machte aus dem Umbau dennoch eine Art Meisterstück und lieferte die „Norway“ sogar einige Wochen unter der vereinbarten Zeit ab.

„Mit dem Umbau der „Norway“ haben wir uns einen so guten Namen geschaffen, dass er 15 weitere Schiffsumbauten nach sich zog – noch vor der „QE2“, übernahm dann Eckart Knoth den weiteren Vortrag. „Auf unserer Werft wurden seinerzeit die größten und schnellsten Schiffe umgebaut, die auf den Weltmeeren unterwegs gewesen sind“, so Knoth weiter. Bevor es jedoch zum Projekt „QE2“ kam, waren allerdings zähe Verhandlungen von Nöten. Knoth berichtet davon, dass die Werft während dieser Zeit geschätzt 300.000 D-Mark an Flugkosten hatte, weil er ständig nach New York fliegen musste. Im Mittelpunkt standen dabei 179 Tage Umbauzeit und eine Vertragsstrafe von 5 Millionen D-Mark für jeden Tag, der darüber hinaus ging. Bremerhaven konnte sich letztlich gegen den einzigen verbliebenen Mitbewerber „Blohm + Voss“ aus Hamburg durchsetzen. Als Knoth den Auftrag endlich in der Tasche hatte - im wahrsten Sinne des Wortes, denn er hatte den über 300 Millionen D-Mark gedeckten Barcheck während der Heimreise in seiner Westentasche stecken - konnte es endlich losgehen. „179 days to go“, der Wettlauf mit der Zeit begann.

Als das Schiff, am 27. Oktober 1986, in Bremerhaven eintraf, standen sämtliche Bauteile, die ausgetauscht werden mussten, bereits an der Kaje und die Arbeiter stürzten sich mit aufgekrempelten Ärmeln auf die Arbeit. Zunächst musste das Schiff „ausgeschrottet“ werden. Die veralteten Dampfturbinen der „QE2“, die sich im Schiffsbauch befanden, mussten raus. Dafür wurde der Schornstein abgetrennt und von oben ein riesiger Schacht in das Schiff geschnitten. Die 4.500 Tonnen Material wurden über Kräne herausgebracht. Im Anschluss mussten durch denselben Schacht neun große Dieselmaschinen, die zusammen 130.000 PS Leistung aufbringen konnten, in den Schiffsbauch hineingebracht und dort wieder installiert werden.

Die „make or break" Deadline führte dazu, dass die Verantwortlichen jeden Tag zwischen 12 und 14 Stunden arbeiteten - auch an Samstagen und Sonntagen. „Wir lebten und schliefen auf dem Schiff, damit wir jederzeit erreichbar waren“, so Knoth. Zunächst lief alles prima. Der Maschinentausch lief ohne Probleme. Die ersten echten Schreckensmomente sind da, als plötzlich Risse im Rumpf auftauchen, die vorher nicht zu erkennen waren. Die Lloyd Werft akzeptiert es dennoch, auch diese Reparaturen ebenfalls innerhalb der gesetzten Zeit zu erledigen. Ein nicht unerheblicher Faktor, es handelte sich immerhin um Ausbesserungsarbeiten in einer Größenordnung von mehr als 70 Tonnen Aluminium. Dennoch, der Umbau in der Werft läuft gut. Die Belegschaft macht 56 Stunden in der Woche, manchmal mehr. Die ganze Stadt fiebert mit, Werftarbeiter werden zu Helden.

Mit großer Spannung geht es dann auf Probefahrt, die an Dramatik nicht mehr zu überbieten ist. Kraftübertragungsprobleme im Antrieb, heiß gelaufene Antriebswellen und schlampig verarbeitete Fremdbauteile drohen das Projekt kippen zu lassen. Das Schiff liegt 47 Stunden antriebslos in der Nordsee. Bauteile werden mit Helikoptern hin- und hertransportiert, Arbeitsmaterial herangeschafft. An Bord fast 2.000 Werftarbeiter verschiedener Nationalitäten, die sich gemeinsam die Seele aus dem Leib schuften. Jede Stunde, die das Schiff länger auf Probefahrt ist, muss genutzt werden. „Der Umbau hat uns allen alles abverlangt, was wir an Können, Fleiß und Nerven hatten“, hielt Knoth dann auch am Ende seines Vortrages fest. Einhelliges Nicken geht durch die Zuschauerreihen.

Der Filmvortrag, der insgesamt über 2 Stunden lief, bestand aus 2 Teilen. Der Erste, in englischer Originalsprache, handelte vom Umbau des Schiffes. Der zweite Teil, der auf Deutsch produziert wurde, handelte von der Probefahrt und der anschließenden Ablieferung. Sogar Lady Di kam für die Überführungsfahrt in Richtung Southampton nach Bremerhaven. Während der Filmvorführung stellten sich immer wieder merklich Gänsehautmomente ein. Besonders dann, wenn man sich vor Augen führte wie besonnen und fachlich kompetent die Verantwortlichen der Werft damals handelten. Der großen Routine der damaligen Werftengeschäftsführung – allen voran Dieter Haake und Eckart Knoth, aber auch der Projektleiter Werner Lücken und Klaus Regul - war es letztlich zu verdanken, dass der Generalumbau der „QE2“ zu einem echten Husarenstück der Schiffbaugeschichte wurde und nicht in einem unverschuldeten Desaster endete.   Marco Butzkus

Wegen der großen Resonanz des Vortrages wird es im Frühjahr eine Wiederholung geben. Auf den genauen Termin wird rechtzeitig hingewiesen.

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