Ansprache von Stadtverordnetenvorsteherin Brigitte Lückert anlässlich der Kranzniederlegung am „Mahnmal zum Gedenken an alle Opfer des Nationalsozialismus“- 70 Jahre Kriegsende
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede,
der 8. Mai 1945 ist der Tag der Befreiung von Krieg und Nationalsozialismus. Deshalb ist er ein “freudiger“ Tag. Alle Menschen, die unter der nationalsozialistischen Diktatur zu leiden hatten, konnten endlich wieder frei atmen und sie konnten endlich wieder das sagen konnten, was sie dachten und fühlten.
Der 8. Mai ist als Tag der Befreiung auch ein freudiger Tag, weil mit diesem Tag der Krieg in Europa, in Deutschland und in unserer Stadt zu Ende war. Selbst Mitläufer und passive Parteigänger des Nationalsozialismus empfanden es als befreiend, den Alltag ohne Bombenangriffe und ohne andere militärische Operationen leben zu können.
So ist der 8. Mai ist als Tag der Befreiung auch besonders bedeutsam, weil von diesem Tag an Menschen mit psychischen, geistigen und körperlichen Behinderungen nicht mehr fürchten mussten, in Anstalten deportiert zu werden, wo ihnen nicht geholfen wurde, sondern wo sie oft unter Qualen getötet wurden. Deshalb ist für uns dieser Tag der Befreiung vor 74 Jahren auch Verpflichtung zur Inklusion. Dieser Tag ist für uns heute Mahnung, Menschen mit Behinderung wirklich in unserer Gesellschaft aufzunehmen und sie nicht in speziellen Einrichtungen auszugrenzen, wie das heute wieder von der einen oder anderen Partei gefordert wird.
Doch so sehr dieser 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung ein „Freudentag“ ist, so wenig kann übersehen werden, dass er auch ein Tag der Trauer ist. Er ist ein Tag der Trauer über die Toten, die der vom nationalsozialistischen Deutschland angezettelte Krieg über Europa, über unser Land und über unsere Stadt gebracht hat. Deshalb ist der 8. Mai für uns der Tag der Befreiung auch zugleich ein Tag der Trauer.
Auf diesem Mahnmal zum Gedenken an alle Opfer des Nationalsozialismus, das der Bremer Künstler Waldemar Otto geschaffen hat, steht, auf der Grundlage der Rede des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag, folgender Text:
„Wir gedenken in Trauer aller Toten des 2. Weltkriegs und aller Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. – Wir gedenken aller Menschen, die wegen ihrer religiösen oder politischen Überzeugung, wegen ihres Andersseins verfolgt und ermordet wurden. Wir gedenken derer, die eher den Tod hinnahmen, als ihr Gewissen zu beugen. Wir gedenken aller Völker, die im Krieg gelitten haben. Wir dürfen nicht vergessen. – Die Toten mahnen uns. Mühen wir uns um Frieden und Menschlichkeit.“
Wir werden diesem Gedenken nicht gerecht, wenn wir damit sozusagen unsere Geschichte zu den Akten legen und sie nur an einem Gedenktag wie heute für kurze Zeit aufschlagen.
Wir werden diesem Gedenken an den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung und als Tag der Trauer nur gerecht, wenn wir an die Menschen denken, die heute vor Terror, Not, Krieg und Verfolgung fliehen und heute bei uns Schutz suchen. Deshalb werden wir dem Gedenken an den Tag den 8. Mai vor 74 Jahren nur gerecht, indem wir den Menschen, die in diesen Tagen als Flüchtlinge zu uns gekommen sind, ihnen helfen, sie willkommen heißen und sie einbinden in unser Leben, ihnen ein gewaltfreies und angstfreies Leben ermöglichen. Das ist die Verpflichtung, die uns aus dem Gedenken an das Ende von Krieg und Gewaltherrschaft in Deutschland am Tag der Befreiung am 8. Mai 2019 erwächst.