Ansprache von Oberbürgermeister Melf Grantz zum Besuch des Bundespräsidenten und des Diplomatischen Korps in Bremerhaven, 27.06.2018

Anrede

Es ist für die Stadt Bremerhaven eine besondere Freude, Sie hier in unserer Stadt begrüßen zu dürfen. Es ist eine große Ehre, diesen Besuch des Herrn Bundespräsidenten gemeinsam mit dem Diplomatischen Corps ausrichten zu können. Es ist zugleich ein unübersehbares Zeichen, dass Sie, verehrter Herr Bundespräsident, in Bremerhaven die beiden Einrichtungen Deutsches Auswandererhaus und Klimahaus Bremerhaven 8° Ost besuchen wollen. Mit dem Besuch in diesen beiden Einrichtungen werden zwei der wichtigsten weltweit diskutierten Themen berührt: Das Thema Migration und das Thema Klimawandel.

Beide Themen werden in den beiden Einrichtungen auf wissenschaftlich fundierte Art und Weise und dennoch anschaulich und gewissermaßen unterhaltsam behandelt. Und beide Themen sind in Bremerhaven fest verankert. Die Geschichte Bremerhavens ist mit dem Thema Migration, mit Auswanderung und Einwanderung eng verknüpft. Im 19. Jahrhundert war der Schwerpunkt der Emigration eine Armutsauswanderung. Millionen Menschen sind vor Hunger, schlechten beruflichen Perspektiven und auch religiöser Bedrängnis aus Deutschland, aus Europa, in großer Zahl über Bremerhaven ausgewandert, um in eine weiten Ferne, von der man oft nur Botschaften in schönsten Farben gemalt hatte, ihr Glück zu finden. Die Wirklichkeit in den Ankunftsländern, vielfach in den Vereinigten Staaten von Amerika, war dann oft um ein Vieles ernüchternder, als von Vielen erhofft. Denn die Armutsflüchtlinge des 19. Jahrhunderts waren in den Ankunftsländern nicht überall willkommen, sondern sie wurden als Konkurrenz gesehen und es gab vielfältige Versuche, sich abzugrenzen und die angekommenen Flüchtlinge auszugrenzen. Dass es den meisten von ihnen gelungen ist, dann gute Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zu werden, ob in den USA, in Kanada, Australien oder Neuseeland, ist schließlich eine Erfolgsgeschichte.

Im 20. Jahrhundert folgte auf eine erste Armutsflucht aus Europa nach dem Ende des 1. Weltkriegs die Flucht vor politischer und rassistischer Verfolgung. Auch diese Flucht erfolgte in großer Zahl über Bremerhaven. Auch viele der aus politischen und aus rassistischen Gründen Verfolgten wurden in den Ankunftsländern meist nicht mit offenen Armen aufgenommen. Aber wer es dann doch geschafft hat, war dankbar und hat in ganz vielen Fällen dem Aufnahmeland ganz viel gegeben.

Wenn ich diese kurze historische Skizze zeichnen durfte, werden Vielen von Ihnen aktuelle Bilder in den Sinn kommen. Ja, das ist, so verstehe ich den Bundespräsidenten, beabsichtigt. In vielen Städten und Gemeinden stehen Mahnmale, die an das Leid erinnern, das politische Verfolgung, hier in Deutschland durch den Nationalsozialismus, hervorgerufen hat. Und immer heißt es, wir dürfen das nicht vergessen.

In viel zu vielen Diskussionen habe ich den Eindruck, dass die Geschichte der Migration, die hier im Haus so anschaulich geschildert wird, doch vergessen wird. Es zeigt, wir dürfen in unseren Anstrengungen, Geschichte zu verstehen, die Geschichte der Migrationen zumal, nicht nachlassen. Dieses Haus trägt dazu bei.

Ähnlich verhält es sich mit dem Klimahaus, das Sie im Anschluss an den Besuch hier besichtigen werden. Auf wissenschaftlicher Basis werden dort die Bedingungen und die Folgen des Klimawandels unmittelbar erlebbar. Bremerhaven als Klimastadt sieht sich in der Verpflichtung, für dieses essentielle Thema zu sensibilisieren. Mit dem Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, dem AWI, den Thünen Instituten für Seefischerei und Fischereiökologie und dem Fraunhofer IWES, Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik beherbergt Bremerhaven prominente wissenschaftliche Einrichtungen, die sich mit dem Klimawandel in unserer modernen Gesellschaft befassen. Das Klimahaus in Bremerhaven ist ein deshalb exzellentes Institut, das die wissenschaftlichen Erkenntnisse populär transportieren kann.

Herr Bundespräsident, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar, dass Sie Ihren Besuch in Bremerhaven in genau diese beiden, die aktuellen Diskussionen bestimmenden Themeneinrichtungen führen wollten. Ich wünsche Ihnen allen anregende Besuche des Deutschen Auswandererhauses und des Klimahaus 8° Ost. Und einen angenehmen Aufenthalt in unserer Stadt, in die Sie gerne auch mit mehr Zeit im Gepäck wiederkommen dürfen.

* es gilt das gesprochene Wort.

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