Abschied von der Grille: Französisches Restaurant „La Cigale“ schließt im Sommer

Das „La Cigale“ ist ein kulinarisches Kleinod im Bremerhavener Stadtteil Lehe. Das kleine französische Restaurant, das mitten im Herzen des Goethequartiers liegt, bietet seinen Gästen seit 31 Jahren ein kleines Stück französisches Lebensgefühl auf dem Leher Kiez. Ab Sommer 2017 ist es damit leider vorbei. Die Wirte gehen in den Ruhestand und es sind keine Nachfolger in Sicht.

„Das Schönste ist, dass ich hier so viele großartige Leute kennengelernt habe“, sagt Arild Rechtsprecher mit einem Lächeln. Vor 31 Jahren hat er gemeinsam mit seiner Frau in Lehe das französische Restaurant „La Cigale“ aufgemacht. Damit haben die beiden ein Stück französisches Flair ins historische Goethequartier gebracht, das im nächsten Jahr leider wieder verloren gehen wird. So sieht es derzeit jedenfalls aus, denn der 71-jährige Wirt geht in den Ruhestand und einen Nachfolger für‘s „Cigale“ gibt es noch nicht. Die vielen Freunde des beliebten Leher Restaurants sind darüber sehr betrübt und auch das Wirtspaar würde den Laden lieber weitergeführt wissen. Das aber ist nicht so einfach, wie Arild Rechtsprecher beschreibt.

„Ein möglicher Nachfolger müsste aus der Gastronomie kommen. Er müsste zudem fließend französisch sprechen und ein Faible für die sehr spezielle Küche haben, die die Gäste hier gewohnt sind. Zudem ist der Laden von der Größe her eher ein Familienbetrieb“, erklärt der gebürtige Schwabe durchaus glaubhaft. Denn das „La Cigale“ wird zum größten Teil von Stammgästen besucht, die zum Teil seit 30 Jahren herkommen. Zum „Stamm“ gehört auch ein französisch-deutscher Stammtisch, der sich seit fast 10 Jahren einmal monatlich im „Cigale“ trifft. Das Publikum ist von sehr gemischter Struktur und kommt aus der ganzen Stadt und dem Umland. Unter ihnen sind viele Akademiker, Studenten oder wissenschaftliche Mitarbeiter von Instituten. Aus dem direkten Umfeld des Restaurants kämen kaum Menschen ins Lokal.

Rechtsprecher meint, das läge sicher daran, dass sich das Viertel in den letzten 30 Jahren sehr verändert habe. Früher hätten hier auch noch mehr Hafenarbeiter, Handwerker oder Lehrer gewohnt. Viele von denen haben inzwischen aber Häuser gebaut und sind aus dem Quartier weggezogen. Die bunte Gemeinschaft wurde bedingt durch den günstigen Wohnraum immer monotoner. Langsam spüre man aber auch wieder eine leichte Trendwende und es zögen vereinzelt junge Künstler und Lehrer hierher.

Hohe Geschwindigkeiten würden dem „La Cigale“ aber auch nicht stehen. Rechtsprecher, der zwei Jahre an der berühmten Pariser Universität Sorbonne studiert hat, hatte schon immer ein Faible für die französische Lebensart. Seine Frau hat lange in Berlin gelebt. „Deswegen ist das Restaurant auch eine Art Mischung aus Berliner Eckkneipe und französischem Bistro“, sagt der engagierte Gastronom lachend. Seine französische Gelassenheit half dem Wirt auch bei der Namensfindung zum Restaurant. „Ich suchte einen Namen und ging im Sommer durch die Felder spazieren. Da hörte ich plötzlich Grillen zirpen. Mir war sofort klar, dass der Laden La Cigale (die Grille) heißen musste, das war 1985, vor mehr als drei Jahrzehnten“.

Der Abschied von „ihrer Grille“ fällt dem feinsinnigen Gastronomen und seiner Frau nicht leicht, aber mit siebzig möchten sie mehr Zeit in ihrem Landhaus verbringen, das in Lamstedt und nicht etwa - wie vielleicht erwartet - in Frankreich steht. Die kleine Wohnung, die sie im Goethequartier gemietet haben, geben sie dann auf. Ob sie mal wieder herschauen wird davon abhängen, ob sich vielleicht doch noch ein Nachfolger für das La Cigale finden wird. Denn wie schon der Lebensweg der Gastronomen bis zu ihrem Restaurant zeigt - unmöglich ist nichts. Marco Butzkus