Ein Eldorado für Oldtimersammler: Autoimport über Bremerhaven

Bremerhaven ist der größte Automobilumschlagsplatz Europas. Alle zwölf Sekunden wird in der Hafenstadt ein Fahrzeug über die Zollgrenze hinweg gefahren. Die Meisten davon rollen seewärts und werden in alle Welt exportiert. Jedes fünfte Fahrzeug wird jedoch nach Deutschland eingeführt. Neben den vielen fabrikneuen Flitzern, die zehntausendfach im Hafen stehen, sind auch immer wieder Liebhaberstücke dabei. Echte Schönheiten in Chrom und Blech, die die Herzen von Sammlern und Autofreunden höher schlagen lassen. Einer dieser Sammler ist der 49-jährige Klaus aus Freiburg. Sein Herz schlägt für Cadillacs.

Der himmelblaue 1967er Cadillac Sedan deVille wird im nächsten Jahr 50 Jahre alt - genauso wie Klaus selber auch. Der glänzende Lack und die ausladenden Chromteile des Straßenkreuzers haben das halbe Jahrhundert gut überstanden. Klaus hatte den Wagen vor einigen Monaten über eine Internetplattform entdeckt und dann auf gut Glück darauf geboten. "Der Wagen ist mir aufgefallen, weil er genau mein Baujahr ist und außerdem sehr wenig Laufleistung hatte", erzählt der Kfz-Händler. Wenig Laufleistung, das ist Sammlern wichtig. „Low Mileage“(niedriger Kilometerstand) nennt man das in Sammlerkreisen. Das zweite Kriterium, das dort bei Oldtimern eine wichtige Rolle spielt, sind die Seriennummern der Bauteile. Wenn alle Bauteile des Fahrzeugs noch original sind, dann nennt sich das "Matching Numbers"(passende Nummern) und so etwas steigert den Wert des Fahrzeuges. Beim himmelblauen 67' Sedan deVille stimmt beides. Klaus hat den Zuschlag für den Oldtimer bei 6000 Dollar erhalten. Somit ist ihm wohl ein echtes Schnäppchen geglückt.

Inzwischen steht Klaus neuer Alter in einer Halle in Freiburg. In Gesellschaft eines knappen Dutzend anderer Caddy's, die alle etwas gemein haben: Jeder Einzelne davon wurde über Bremerhaven nach Deutschland geholt. Klaus arbeitet seit Anfang seiner Sammelleidenschaft mit einem Bremerhavener Unternehmen zusammen und er schätzt den guten Service in der Seestadt sehr. Beruflich wie privat hat er inzwischen sicher schon über hundert Fahrzeuge über die Firma importiert. Dabei gab es aus seiner Sicht nie einen Grund zur Beanstandung. „Die kümmern sich um alles – den kompletten Transport. Die holen das Auto in der Scheune in Kentucky ab und stellen es abholbereit in eine Halle in Bremerhaven. Das ist ein Service von Haustür zu Haustür“, schwärmt Klaus von seinem Bremerhavener Logistikpartner.

Seit fast 30 Jahren sammelt Klaus schon Cadillacs. Angefangen hat alles mit einen 1956er Cadillac Coupe deVille, mit ausladenden Kotflügeln und großen Chromstoßfängern. Sein schönstes Stück ist ein Eldorado Seville mit schicken Haifischflossen auf den hinteren Ausläufern der Kotflügel, der ebenfalls aus dem Jahr 1956 stammt. Hinter jedem seiner Wagen steckt eine Geschichte. Eine besonders Schöne verbindet der Sammler mit einem Sedan deVille, Baujahr 1973, über den Klaus mehr durch Zufall gestolpert ist.

„Ich war auf einer Cadillac Club Messe in USA, zu der ich jedes Jahr fahre“, berichtet er. „Da bot mir jemand einen Wagen von seiner Oma an, der in einer Scheune stehen sollte“. Eigentlich sei er an dem Modell gar nicht interessiert, meinte Klaus, wurde aber dennoch neugierig. Nach zwei Stunden Fahrt durch die Prärie von Kansas stand Klaus dann mit geweiteten Augen vor einem 40 Jahre alten Cadillac, der unter einer zehn Zentimeter dicken Staubschicht versteckt war und erst 1000 Meilen auf dem Tacho hatte. Das sei ein Geschenk von Opa an Oma gewesen, wie der Enkel berichtete. „Die Frau hatte ein Hotel und ihr Ehemann meinte – wohl auch, weil er selber gerne einen fahren wollte– dass sie als Geschäftsfrau unbedingt einen Cadillac brauchen würde“, schildert Klaus die Erzählung begeistert weiter. Die Oma habe dann wohl mit dem Kopf geschüttelt und gefragt, was sie wohl mit einem „Caddy“ solle. Sie brauche eher einen Pick-up-Truck, um die Sachen fürs Hotel einzukaufen. So stand der Wagen die meiste Zeit im Schuppen und wurde in 40 Jahren nur 1000 Meilen bewegt. „Jetzt steht er bei mir“, sagt Klaus lachend. „Ein absoluter Traumfund“, freut er sich.

Der Regelfall sei das jedoch nicht. Es gäbe schon diese Romantik, dass man Autos findet, die man gar nicht gesucht hat, aber das ist eher eine Ausnahme. Heute ginge so was alles über das Internet, Sammlerbörsen oder befreundete Sammler, die einem einen Tipp geben. Überhaupt werden die luxuriösen und technisch ihrer Zeit weit vorausliegenden US-Cars eher gesammelt als bewegt. Klaus restauriert seine Wagen alle selbst. Sie seien natürlich alle fahrbereit: „Batterie ran, Schlüssel rum und zack, kannst Du losfahren“, erzählt der Fan der amerikanischen Nobelmarke begeistert. Sie werden aber nicht gefahren, sondern sind als Rentenanlage des Schwarzwälders vorgesehen. Gekauft würde immer dann, wenn der Markt etwas hergäbe und man gerade über die entsprechenden Barmittel verfüge, erklärt Klaus etwas vage. Sicher sei jedoch, dass der Wagen über Bremerhaven zu ihm kommt. Über den größten Automobilumschlagsplatz Europas, an dem der Service einfach stimmt. Marco Butzkus

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