Echte „Küsten-Kante“: Allroundkünstler Michael Wolff im Porträt

Keine Frage, Michael Wolff ist ein echtes Unikum. Der große, bärtige Mann mit dem wilden Rauschebart und den riesigen Händen war schon Fischer vor Grönland, Tischler auf der Lloydwerft, Tubaspieler bei Udo Lindenberg und Museumsmaler in Holland. Bilder und Grafiken des vielseitig begabten Künstlers hängen in Museen und seine Tubaklänge sind auf Schallplatten verewigt, die sich inzwischen millionen Mal verkauft haben. Für den 70-jährigen Wolff sind fertige Ergebnisse nur Etappenziele seiner Art sich künstlerisch auszudrücken. Wolff malt, zeichnet und baut und was auch immer dabei herauskommt, das Ergebnis, ebenso wie Michael Wolff selber auch, ist - absolut außergewöhnlich.

„Wenn ich male, dann fühle ich mich sauwohl und bin ausgeglichen und glücklich. Ich bin dann wie in einer anderen Welt“, sagt Michael Wolff mit einem sehnsuchtsvollen Blick über den Weserdeich. Wenn man den Erzählungen seiner Mutter Glauben schenken darf, dann war das wohl schon immer so. Bereits als Zweijähriger soll er mit einem Stück Kohle die Kräne nachgezeichnet haben, die man aus dem Küchenfenster der kleinen Wohnung am Rande des Fischereihafens sehen konnte, in der Familie Wolff nach Kriegsende wohnte.

Das frühe Üben hat sich gelohnt. Wer Michael Wolffs Aquarelle heute zum ersten Mal sieht, der kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sein Stil ist von Grafik geprägt und beeindruckt durch detailreiche und äußerst exakte Darstellungen. Aus einer gewissen Entfernung betrachtet wirken seine Bilder fast schon wie Fotografien. Die Motivwahl fällt dabei immer wieder auf Szenen aus seinem gegenwärtigen oder vergangenen Umfeld. Man erahnt, dass er als Kind im Fischereihafen zwischen Fischkisten und Fischtrawlern und im damals noch sehr ländlichen Speckenbüttel aufwuchs. Gerade die maritimen oder nostalgischen Motive und Stadtansichten, mit einem Hauch von Patina, haben es ihm angetan. Dabei versteht Wolff es auf besondere Weise, die Vergänglichkeit in der Gegenwart zu bannen. Seine Liebe zur Küste ist allgegenwärtig und in jedem seiner Pinselstriche wieder zu erkennen. Michael Wolff hat ein Auge für dieses besondere Licht, das die eingefrorenen Szenerien so lebendig erscheinen lässt. Wolffs Bilder lösen bei einem Küstenmenschen eine Art wohliges Heimweh aus. Küstenferne Menschen spüren bei deren Betrachtung den zunehmenden Wunsch, an die Küste aufzubrechen.

Das Malen von Aquarellen und das Zeichnen generell sind allerdings nur zwei künstlerische Formen, in der Michael Wolff sich auszudrücken weiß. Eine weitere ist - oder besser war - die Musik. Der gebürtige Wulsdorfer spielte Tuba in der Hamburger Top-Jazz-Szene und „jammte“ schon mit Musikern wie Bill Ramsey, Otto Waalkes und Udo Lindenberg auf einer Bühne. „Bei Udo habe ich es mit meiner Tuba sogar bis auf die Andrea Doria-LP geschafft“, berichtet Wolff sichtlich begeistert. Der Jazz sei damals noch wild und unangepasst gewesen. „Später wurde das dann alles zu kommerziell und dazu hatte ich keine Lust mehr“, erzählt er weiter. Er hängte die Tuba an den Nagel und begann in Hamburg mit der Aquarellmalerei. Das führte ihn später bis nach Holland ans Ijsselmeer, wo er einige sehr glückliche Jahre verbrachte. Seit Anfang der 1980er Jahre lebt und wirkt Wolff wieder in Bremerhaven. Der Ort, wo alles für ihn anfing.

Hier brach Wolff mit einem Fischdampfer auf, um zwei Jahre lang vor Grönlands Küsten auf großen Fang zu gehen. Hier, auf der Lloydwerft, lernte er den Beruf des Tischlers und damit eine weitere Möglichkeit, sich kreativ auszudrücken. Noch heute baut Wolff für sein Leben gerne formschöne oder außergewöhnliche Möbelstücke mit einer besonderen Note. Eine rustikal verspielte Piratengarderobe, ein Prinzessinnen-Schränkchen oder ein hochwertiger Wohnzimmertisch - die Wege auf denen Wolff seine Kunst wirken lässt, sind ebenso vielseitig, wie der Künstler selbst. Michael Wolff, der in Anlehnung seines Nachnamens auch „Ede“ gerufen wird ist ein Seestadt-Unikum. Der wuchtige Allroundkünstler ist eine echte „Kante“von der Küste, an der man nicht vorbeischauen sollte, denn der zweite Blick offenbart absolut Erstaunliches. Marco Butzkus

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