Die Amerikaner in Bremerhaven: Teil 5 - Die Beobachter (the observer)

Bremerhaven stand bei den amerikanischen Soldaten hoch im Kurs. Im Durchschnitt war man hier zwei bis vier Jahre lang stationiert. Die Menschen an der Weser waren freundlich, das Gebiet überschaubar, der Dollar wertvoll und Kriege in der Regel weit weg. Wen wundert es da, dass diese Stadt unter den Amerikanern echte „Fans“ hervorbrachte. Einer von ihnen heißt Ken Miller. Er war von 1960 bis 1964 in Bremerhaven und hat hier seine Frau – eine Bremerhavenerin - geheiratet. Im Mai dieses Jahres feiern die beiden ihre goldene Hochzeit. Ihre Bindung zur Stadt ist – trotz der großen Entfernung – sehr eng und vor allem auch möglich. Denn Ken beobachtet Bremerhaven über Web-Cams und das Internet und ist selbst über neueste Entwicklungen in der Stadt auf dem Laufenden.

Wie wird Bremerhaven aus der Ferne wahrgenommen? Was kommt wie an? Was wird vermisst? Ken Miller steht hier als Repräsentant all jener Menschen, die ihre Erinnerungen an die Zeit in Bremerhaven, noch heute – oft viele Jahrzehnte später – im Internet teilen - Auf speziellen Seiten, in sozialen Netzwerken oder in Foren. Am Ende dieses Interviews sind einige dieser Seiten aufgeführt.

Frage: Ken, wie lange warst Du in Bremerhaven?

Ken Miller: Ich war von 1960 bis 1964 in Bremerhaven stationiert, bei der Navy – also der amerikanischen Marine.

 

Frage: War Bremerhaven Deine einzige Militärstation in Deutschland?

Ken Miller: Ja, Bremerhaven war meine einzige Navy-Stationierung in Deutschland, aber sobald ich aus der Navy in den Ruhestand gegangen bin, arbeitete ich mehrere Jahre in Deutschland als Auftragnehmer der Armee in Berlin, Augsburg, Nürnberg, Schneeburg. Ich hatte die Wahl zwischen Deutschland und Hawaii und für mich gab es keine andere Wahl - natürlich Deutschland.

 

Frage: Wie war damals Dein erster Eindruck von der Stadt?

Ken Miller: Es sah dort sehr alt und etwas anders aus als in Amerika, weil es im Jahre 1960 noch kaum Autos gab. Parkplätze waren sehr leicht zu finden und die Leute waren sehr freundlich.

 

Frage: Wo hast Du gewohnt? Wie war das Lebensumfeld damals?

Ken Miller: Wir lebten in Debstedt, als wir heirateten und zogen später in die Poststraße. In Debstedt wohnten wir in Nr. 47 (glaube ich), es war direkt gegenüber dort, wo jetzt das Krankenhaus ist. Es war schwierig, Wohnraum zu finden und in zwei Zimmern waren Tiere untergebracht. Die Heizung war ein "Kachelofen", in dem ich nie ein Feuer in Gang bringen konnte. Das Zimmer war so klein, wir konnten nur von der einen Seite ins Bett und das Bad war so klein, man musste fast rückwärts reingehen. Die Dusche hatte einen elektrischen 20-Liter-Wassertank, sodass man eine schnelle Dusche nehmen musste, und dann über eine Stunde warten musste, bis wieder heißes Wasser da war. Die Poststraße war neu und sehr schön.

 

Frage: An welche Orte oder Clubs kannst Du Dich besonders gut erinnern?

Ken Miller: Ich lernte meine zukünftige Frau beim Service Club Tanz auf der Basis kennen. Vor dieser Zeit waren wir hauptsächlich im "Zum Nord-Pol", etwas außerhalb von Langen. Jedes Mal, wenn wir nach Deutschland kommen, gehe ich mit meinem Schwager dort essen. Ich vermisse wirklich die Gespräche mit "Jimmy", der lange Jahre der Besitzer war.

 

Frage: Wann hast Du Bremerhaven verlassen und wann Deutschland?

Ken Miller: Wir verließen Deutschland im Jahr 1964, ich war dort vier Jahre lang aufgrund meiner Spezialausbildung und einem Mangel an Personal. Wir gingen von Deutschland nach San Diego, Kalifornien, dann nach San Vito, Italien. Während wir in San Vito waren, kamen wir zu Weihnachten nach Bremerhaven. Das war 1971.

 

Frage: Hast Du noch persönliche Kontakte in Bremerhaven?

Ken Miller: Meine Frau hat drei Schwestern und einen Schwager in Bremerhaven und Langen. Ich habe über das Internet Kontakt mit zwei Neffen in Bremerhaven. Die Schwestern meiner Frau haben derzeit kein Internet. Wir sprechen aber über das Telefon wöchentlich miteinander. Wir haben auch Internet-Kontakt mit Freunden in Bremerhaven und Langen. Beispielsweise erhielten wir vor kurzem ein Video von der „Disney Fantasy“ und des Feuerwerks bei deren Abschied von der Stadt.

 

Frage: Was hältst Du vom Internetauftritt der Stadt?

Ken Miller: Ich besuche die bremerhaven.de täglich. Zuerst schaue ich mir die Web-Cams an und dann lese ich. Wenn es nicht so teuer wäre, würde ich zeitweise auch in Bremerhaven leben, vor allem im Sommer, wenn es hier in Georgia sehr heiß ist.

 

Frage: Was bedeutet Dir die Web-Cam-Verbindung zu Bremerhaven und hast Du vielleicht Verbesserungsvorschläge an uns?

Ken Miller: Ich mag die Web-Cams sehr und betrachte sie mindestens zweimal am Tag. Ich vermisse besonders, die über der Drehbrücke, die dort während des Baus der neuen Kaiserschleuse aufgestellt war. Es wäre schön, wenn es mehr Kameras, vor allem im Hafen geben würde. Ich hätte gerne die an der Drehbrücke zurück, zusammen mit einer Kamera an der Kaiserschleuse und einer Kamera am Südhafen. Ich nutze den Internet-Schiffstracker und bin in der Lage zu sehen, welche Schiffe im Hafen sind. Wenn ich in Bremerhaven bin, bin ich fast jeden Tag im Hafen.

 

Frage: Zeigst Du die Bilder auch Deinen Nachbarn?

Ken Miller: Ja, nicht nur denen. Auch den Menschen in der öffentlichen Bibliothek, wenn ich den Computer dort benutze. Meine eigene Internetverbindung ist über einen Stick wie ein Handy und ich bin auf 5 GByte pro Monat begrenzt - deswegen gehe ich öfter in die Bibliothek und nutze den Internetzugang dort.

 

Frage: Wie wird Bremerhaven in Amerika wahrgenommen?

Ken Miller: Die meisten Amerikaner, die nicht beim Militär waren, wissen nicht sehr viel von Bremerhaven. Jeder, der in Deutschland stationiert war, kennt es aber durch die Anreise per Schiff und oder die Abholung der Autos im Hafen. Bremerhaven hat sich wirklich in eine sehr moderne und lebhafte Stadt mit einem großen Hafen entwickelt.

 

Frage: Bist Du auch in Internetforen mit anderen „Bremerhavenfans“?

Ken Miller: Ja, ehemalige Navy Männer, die dort stationiert waren, sie leben überall in den USA. Es gibt mehrere Tausend von uns, die der US Navy Cryptologic Veterans Association –einer Gruppe ehemaliger militärischer Entschlüsselungsexperten - angehören und wir stehen in täglichem Kontakt. Die Webseite heißt www.usncva.org.

 

Frage: Hast Du Freunde, die auch in Bremerhaven waren?

Ken Miller: Wir haben ein paar Freunde aus der Navy und der Army, die in Bremerhaven stationiert waren. Mit denen halten wir Kontakt. Nachdem ich aus der Navy in den Ruhestand gegangen bin, arbeitete ich mit vielen dieser Männer zusammen. Ich habe noch niemanden getroffen, der keine guten Erinnerungen an seine Zeit in Bremerhaven hat.

 

Frage: Tauscht Ihr Euch darüber, aus was dort so passiert?

Ken Miller: Ja, wir unterhalten uns darüber, was wir in Bremerhaven getan haben, wenn wir uns treffen. Einer meiner Chefs von den Philippinen lebt etwa zwei Meilen von uns und er war in Bremerhaven stationiert, kurz bevor ich dort ankam. Er ging mit seiner neuen Frau von Bremerhaven nach Marokko und ich ging von Marokko nach Bremerhaven.

 

Frage: Vielen Dank für das Interview Ken, eine letzte Frage noch: Was verbindest Du ganz persönlich mit Bremerhaven?

Ken Miller: Jung zu sein und so viele freundliche Menschen zu treffen und mich in meine wunderbare Frau zu verlieben, die sich damit abfand, an vielen Orten unter wenig idealen Bedingungen zu leben. Ihre tolle Familie aus den alten Tagen und jetzt haben wir viel Spaß, wenn sie uns oder wir sie besuchen. Es war sehr schwierig, in den alten Tagen von den Philippinen und Japan zurück in die USA oder nach Deutschland zu kommunizieren. Wir haben Besuch aus Bremerhaven mindestens einmal im Jahr und besuchen Bremerhaven jedes zweite Jahr. Wir hoffen, im Mai 2013 wieder in Bremerhaven zu sein.

Marco Butzkus

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