Der Norddeutsche Lloyd: Eine Bremerhavener Erfolgsgeschichte im DSM

Imposante Gemälde, schmucke Speisekarten, wertvolle Schiffsmodelle – die Sammlung von Erinnerungsstücken an den Norddeutschen Lloyd (NDL) im Deutschen Schiffahrtsmuseum ist beachtlich. Mehr als 100 Exponate sind in den Vitrinen und Ausstellungsräumen zu sehen – darunter 35 Dauerleihgaben der weltweit bekannten Traditionsreederei. Und Geschichte schreibt der Norddeutsche Lloyd heute immer noch: Nach der Fusion mit der Hamburger HAPAG-Reederei im Jahr 1970 ist die bekannte Hapag-Lloyd –Reederei heute das bedeutendste Schifffahrtsunternehmen Deutschlands und die fünftgrößte Container-Reederei der Welt.

Luxus pur – mit diesem Prädikat in der 1. Klasse hat sich der Norddeutsche Lloyd in der Geschichte der Atlantik-Seefahrt unsterblich gemacht. Gegründet 1857 in Bremen als reines Unternehmen der Handelsschifffahrt, spezialisiert sich der Lloyd schnell auf den Passagierverkehr. Auf den Routen nach New York, Baltimore und New Orleans nehmen die Schiffe zahlende Auswanderer mit nach Amerika. Auf dem Rückweg bringt man Baumwolle und Tabak mit nach Europa. Die Lloyd-Schiffe sind bekannt für ihren guten Standard in allen Klassen – aber ganz besonders durch den stilvollen Luxus in der 1. Klasse. Für die prunkvolle Innenausstattung zeigen sich stets namhafte Architekten und Künstler verantwortlich. Ende des 19. Jahrhunderts fährt der NDL bereits bis zu dreimal wöchentlich nach Nordamerika. Außerdem werden Ostasien und Australien und Südamerika angefahren. Die Reederei ist jetzt, nach der britischen P&O, die Zweitgrößte der Welt. Im Deutschen Schifffahrtsmuseum sind mehr als 100 Exponate aus der großen Zeit des NDL zu sehen – von der kunstvoll illustrierten Speisekarte über Gemälde und Besteck bis zum Schiffsmodell. Unter Sammlern sind Objekte mit dem berühmten Wappen - bestehend aus einem Anker gekreuzt mit dem Bremer Schlüssel - äußerst begehrt. Das Geschirr und Besteck wurde zum Teil exklusiv für jedes Schiff gefertigt und gehörte immer zum Exquisitesten seiner Zeit. Teure Gemälde und zeitgenössische Kunst waren damals Standard in den gediegenen Schiffs-Salons.

Ein ganz besonderes Ausstellungsstück im DSM ist die Schiffsglocke der „Mosel“. Sie erinnert an ein grausames Verbrechen, das am 11. Dezember 1875 das noch junge Bremerhaven erschütterte. Der versuchte Versicherungsbetrug des Briten William King Thomas ging damals als „Thomas Katastrophe“ in die Kriminalgeschichte ein. Er hatte versucht, dreizehn Zentner Dynamit in einem Fass an Bord zu schmuggeln. Der Sprengstoff sollte mitten auf dem Atlantik mit Hilfe eines simplen Zeitzünders explodieren und das Schiff versenken. Das Fass rutschte jedoch beim Verladen ab, explodierte und riss ein vier Meter tiefes Loch in die Kaje. 81 Menschen starben bei der Katastrophe und mehr als 200 wurden schwer verletzt. Eine Gedenktafel an der Einfahrt zur neuen Sportbootschleuse erinnert noch heute an die Tat.

Die Schnellsten auf dem Atlantik: Das Blaue Band
Mit immer neuen, moderneren und schnelleren Schiffstypen baute der NDL seine Flotte aus. 1897 erhielt die „Kaiser Wilhelm der Große“ als erstes deutsches Schiff das Blaue Band für die schnellste, zivile Atlantikquerung. Ingesamt holte die Bremer Reederei die begehrte Trophäe fünfmal. Die „Kronprinz Wilhelm“, die „Kaiser Wilhelm II“, die „Bremen IV“ und zuletzt die „Europa“ schafften die Passage jeweils als schnellsten Schiffe ihrer Zeit.

Das Zentralstück der Sammlung ist das wohl berühmteste Schiff des Norddeutschen Lloyd: ein Modell der „Bremen IV“ - Sie galt galt seinerzeit mit ihrem Schwesterschiff „Europa“ als modernster Schnelldampfer der Welt. Mit seinem Dampfturbinenantrieb holte der Dampfer das „Blaue Band“ gleich in beide Richtungen über den Atlantik. 1941 brannte die „Bremen IV“ an der Bremerhavener Columbuskaje vollständig aus. Die Reste ihres Rumpfes liegen noch heute im Weser-Watt am Blexer Bogen und sind manchmal bei starker Ebbe zu sehen.

Der „Lloyd“ hatte - bei allen Erfolgen - immer wieder mit großen Rückschlägen zu kämpfen. Insbesondere die Weltkriege forderten großen Tribut von der Reederei. Nach dem 1.Weltkrieg verlor der NDL bedingt durch den „Versailler Vertrag“ als Beitrag zur deutschen Reparations-Leistung mit einem Schlag fast 95 % seiner Flotte. Nach dem 2.Weltkrieg waren alle großen Schiffe verloren oder versenkt. Die Reederei fing jedes Mal wieder von Neuem an.

Die legendären Schiffsnamen „Bremen“, „Europa“ und „Columbus“ sind auf ewig fest mit dem Namen des Norddeutschen Lloyd verbunden. Ebenso wie der Anspruch, immer die schönsten, schnellsten und luxuriösesten Transatlantikdampfer zu besitzen. Die Städte Bremen und insbesondere Bremerhaven verdanken dem Lloyd sehr viel. Das rasante Wachstum Bremerhavens nach dessen Gründung ist auch dem Erfolg der Reederei geschuldet. Noch heute finden sich einige Bauwerke als Zeugen dieser Zeit in der Stadt. Beispielweise die ehemalige Waschanstalt, in der die Reederei die Wäsche ihrer Passagierdampfer waschen ließ: Sie steht auf dem heutigen Gelände der Lloyd Werft und beherbergte lange Zeit den Firmensitz der Werft. Marco Butzkus