Berühmte Auswanderer: Der Blaue Engel aus Berlin - Marlene Dietrich

Sie war die „Lola Lola“ im „Blauen Engel“, die erste Deutsche überhaupt, die für einen Oscar nominiert wurde und eine erbitterte Gegnerin der Nazis. Marlene Dietrich wird am 27. Dezember 1901 in Berlin-Schöneberg geboren. Die Filme „Der Blaue Engel“ und „Morocco“ werden zum Grundstein ihres Weltruhmes. Ihre strickte Ablehnung gegen Hitler, machte die „blonde Venus“ im Hosenanzug zu einer symbolträchtigen Person, die sogar Propagandasendungen gegen die Nazis in deutscher Sprache aufnimmt. Am 2. April 1930 stieg Marlene Dietrich in Bremerhaven an Bord des NDL-Schnelldampfers „Bremen“. Ihr Ziel: Hollywood – mit Zwischenstation New York.

Marie Magdalene Dietrich wird in Schöneberg, das heute ein Stadtteil von Berlin ist, geboren. (Seltsamerweise gab sie – wohl aus nur ihr bekannten Gründen – Zeit ihres Lebens 1904 als ihr Geburtsjahr an, obwohl das nachweislich falsch ist). Ihr Vater ist Polizeioffizier und Marie erhält eine preußische Erziehung, in der besonderer Wert auf eine musikalische Ausbildung gelegt wird. Der Vater verstirbt früh und ihre Mutter heiratet erneut. Das Mädchen geht in Berlin und in Dessau zur Schule. Später bekommt sie eine Ausbildung zur Konzertgeigerin in einem Internat in Weimar und an der Berliner Hochschule für Musik. Diese Ausbildung muss sie jedoch wegen einer Sehnenscheidenentzündung unvollendet abbrechen. Mit Anfang 20 nimmt Marie den Künstlernamen „Marlene“ Dietrich an, den sie aus ihren beiden Vornamen bildet. Sie heiratet einen Regieassistenten und bekommt eine Tochter.

Der Durchbruch für die junge Berlinerin kommt 1930. Der bereits in Hollywood erfolgreiche Regisseur Josef von Sternberg entdeckt sie. Der Österreicher von Sternberg besetzt sie in der Heinrich-Mann-Verfilmung "Der Blaue Engel“ als „Lola-Lola“ und macht sie damit berühmt. Direkt einen Tag nach der Premiere des Films, die im Berliner „Gloria Palast“ aufgeführt wird, verlässt die Dietrich Deutschland. In Bremerhaven geht sie zusammen mit Regisseur von Sternberger an Bord der „Bremen“, des damaligen Flaggschiffes des Norddeutschen Lloyd (NDL). In den USA unterschreibt sie einen Siebenjahresvertrag mit der Filmgesellschaft Paramount Pictures, die aus ihr ein Gegenstück zum Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) -Weltstar Greta Garbo machen wollen.

Die Rechnung scheint aufzugehen. Marlene Dietrich wird gleich mit ihrer ersten amerikanischen Filmrolle im Film „Morocco“ (Herzen in Flammen) für den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle nominiert. Sie spielt hier an der Seite des damals schon recht bekannten Gary Cooper. Ihre Verkörperung der lasziv zigarettenqualmenden Amy Jolly, die im Männeranzug in „Tinto’s Cabaret“ auftritt, polarisiert die Gemüter der Welt und macht sie zu einem Weltstar. Dietrich wird zur „blonden Venus“ - groß, schlank, mit unendlich langen Beinen. Ihr verruchter Augenaufschlag und die rauchige Stimme rauben der vereinten Männerwelt den Atem. Sie wird zu einem internationalen Sexsymbol.

Die weltweite Beachtung der Deutschen geht auch an den Nazis nicht vorbei. Sie sehen in ihr eine Art Archetypen einer arischen Schauspielerin und Hitler selbst unternimmt mehrere Versuche, den deutschen Weltstar „nach Hause“ zu holen. Dietrich schlägt alle Angebote konsequent aus. Selbst sehr lukrative Filmangebote zu damals astronomischen Gagen, die ihr direkt von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels unterbreitet werden, lehnt sie ab. Am 9. Juni 1939, knapp drei Monate vor Ausbruch des 2.Weltkrieges legt sie die deutsche Staatsbürgerschaft ab und nimmt dafür die amerikanische an. Ihr Einsatz gegen das Nazi-Regime geht jedoch weiter. Soweit, dass sie selber zur uniformierten Akteurin der US-amerikanischen Truppenbetreuung wird und die US-Boys an der Front begleitet. Dabei gerät sie sogar selbst in Lebensgefahr. Legendär sind ihre BBC-Radiosendungen, in denen sie sich in deutscher Sprache direkt an die deutschen Frontsoldaten wendete: „Jungs, opfert Euch nicht. Der Krieg ist Scheiße. Hitler ist ein Idiot“.

Ihr konsequentes Eintreten gegen das NS-Terrorregime bringt der Dietrich internationale Anerkennung. So darf sie beispielsweise, als erste Sängerin nach 1945, in deutscher Sprache in Israel singen. In Deutschland ist das hingegen – bis zu Ihrem Tode - anders. Als sie 1960 das erste Mal wieder nach Deutschland kommt, gibt es in Berlin „Anti-Marlene-Demonstrationen“. Man betrachtet sie als Vaterlandverräterin, die in der Uniform des Feindes nach Deutschland zurückkehrte. Die Film-Diva selber ließ aber auch Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges nie einen Zweifel daran aufkommen, auf welcher Seite sie damals stand. In einem Interview, das sie 1966 gab, sagte sie: „Amerika hatte überhaupt keinen Grund, in den Krieg einzutreten. Dennoch hat es seine Soldaten geschickt. Deshalb bewunderte, liebte und beweinte ich sie“.

Nach dem Krieg tritt Marlene Dietrich größtenteils als Sängerin auf. Sie hat Bühnenshows in Las Vegas und London. Besonders der von ihr adaptierte Song „Lili Marleen“ der Bremerhavener Sängerin Lale Andersen und später das Anti-Kriegslied „Sag mir, wo die Blumen sind“ werden zu ihren musikalischen Aushängeschildern. Für den Film „Zeugin der Anklage“ wird sie für den Golden Globe nominiert. 1960 erhält sie einen Stern auf dem „Hollywood Walk of Fame“. Fünfzehn Jahre später stürzt sie – wohl alkoholisiert -während eines Auftritts in Sydney, von der Bühne in den Orchestergraben. Es bleibt ihr letzter Bühnenaufritt. Die 73-Jährige bricht sich den Oberschenkelhals und verbleibt für acht Monate im Krankenhaus. Danach zieht sie sich in die Isolation ihrer Pariser Wohnung zurück. Wohl aus finanziellen Gründen dreht sie 1978 den Film „Schöner Gigolo, armer Gigolo“, in dem sie für ihre schauspielerische Leistung von Kritikern förmlich demontiert wird. Danach taucht Sie für immer ab.

Für 13 Jahre verlässt sie Ihr Pariser Apartment nicht mehr. Sie vernebelt sich mit Alkohol und Medikamenten. Laut Schilderungen ihrer Tochter verlässt sie ab 1979 das Bett nicht mehr. Stattdessen wird sie berüchtigt für ihre Telefonanrufe. Sie telefoniert zu jeder Tages- und Nachtzeit rund um die Welt. In ihrem Telefonbuch finden sich angeblich die Nummern der englischen Queen, von Michael Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan. Letzter gibt sogar stolz zu, dass er sein letztes Telefonat aus dem Weißen Haus mit Marlene Dietrich geführt hat.

Im Mai 1992 stirbt die Filmgöttin Marlene Dietrich. Sie wird auf dem Berliner Friedhof Stubenrauchstraße beigesetzt - nur drei Kilometer von ihrem Geburtshaus entfernt, das in der heutigen Leberstraße 65 steht. Zehn Jahre später macht die Stadt Berlin die ungeliebte Tochter posthum zur Ehrenbürgerin. Marlene Dietrich ist einer der Menschen, die von Bremerhaven aus in die neue Welt aufbrachen und deren Leben Geschichte schrieb. Sie ist in den Königsbiografien des Deutschen Auswanderer Hauses zu entdecken.   Marco Butzkus


Quellennachweise:

Wikipedia/Marlene Dietrich

Spiegel Online

Der Tagesspiegel

Prominente Deutsche im Exil

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