Auswandererhaus feiert Fete im Glanz der Fifties

Wenn jemand seinen Geburtstag feiert, lädt er sich liebe Gäste ein, sorgt für ausreichend „Speis & Trank", lässt sich fein beschenken und hofft auf einen gelungenen Abend, der allen Anwesenden gefällt und sehr schön in Erinnerung bleibt.

Um Erinnerungen ging es im Geburtstagsthema des Deutschen Auswandererhauses (DAH) ebenfalls, ansonsten lief hier einiges anders herum. Die Geschenke gab es, so wie jedes Jahr, vom Geburtstagskind selbst, und zwar in Form von subventionierten Eintrittskarten. Dafür mussten die Gäste jedoch selber für ihr leibliches Wohl sorgen. Mehr als 3000 Gäste kamen und feierten kräftig mit. Das Auswandererhaus ist nun mal anders, und anders zu sein zahlt sich manchmal eben auch aus, jetzt bereits zum vierten Mal.

Gleich zur Begrüßung der Gäste im Eingangsbereich standen einige Zeitzeugen Spalier in Reih und Glied. Ein wunderschöner mintgrüner Buick Century von 1958, ein Borgward Isabella und ein Austin-Healey Sprite aus der gleichen Zeit strahlten wie Relikte einer glanzvollen Ära. „Wirtschaftswunder, Fifties, Dream America" standen im Fokus des 4. Geburtstages, und mit viel Liebe fürs Detail hatten die Mitarbeiter des Hauses markante Aspekte jener Zeit des Umbruchs in den Vordergrund gestellt. Der Bremerhavener Friseur „Color Cut" bot kostenloses Hairstyling im Rock'n'Roll-Look an. Unmengen von Pomade der Marke „Sweet Georgia Brown" und Haarspray wurden unter die Haare gebracht. „Ducktails" und „Pompadours" mischten sich unter das Gastvolk, und immer mehr Damen verwandelten sich nach und nach in „Daisy Duck Doubles". Der TSV Otterndorf präsentierte mehrfach eine Boogie-Woogie-Show in Paar und Formation und sorgte beim Publikum für begeisterndes Mitwippen. Einige Mitarbeiter des Auswandererhauses trugen Uniformen der GIs und der MP, und sogar die Gastronomie hatte für „Pommestüten" und Holzgabeln im typischen Stil dieser Zeit gesorgt.

Den musikalischen Reigen eröffneten dann die Berliner Newcomer The Baseballs, die mehr oder minder aktuelle Popsongs in dreistimmige Beebop-Versionen verwandelten. „Voc'n Roll" nennen die drei Gesangsartisten ihren eigenen Stil und sind selbst völlig verwundert, dass vor ihnen noch keiner diese Idee hatte. Retro ist nie neu, irgendetwas ist immer gerade Retro. Doch was The Baseballs allerdings von den meisten anderen Retrobands deutlich unterscheidet, ist die Echtheit.

Jeder, der diese drei Jungs schon mal live erleben durfte, wird sofort verstehen, was gemeint ist. Man nimmt ihnen einfach ab, dass sie diese Musik wirklich lieben. Ihre Adaptionen sind eine Art Hommage an die von ihnen verehrte Musik. Niemals sind sie respektlos; sie verspotten weder Musik noch Lebensgefühl jener Zeit. Es ist ein wahres Vergnügen zu beobachten, wie Basti, Digger und Sam nach und nach alle Register ziehen und teilweise mittelmäßige Popsongs in mitreißende Rock'n'Roll-Nummern verwandeln. Spätestens bei Kate Perrys „Hot'n'Cold" hielt es niemanden mehr auf dem Fleck, und die Menge vor der Bühne und auf dem Balkon verwandelte sich in eine riesige Tanzgemeinde.

Nach der obligatorischen Zugabe verteilte dann Radio Bremen 4 nützliche kleine Werbegeschenke. Von kleineren technischen Ausfällen begleitet, glänzte Bremen-4-Moderator und Ex-Bremerhavener Simon Beeck hier vor allem durch seine lockeren Sprüche und gediegenen Ortskenntnisse, indem er die Besucher zum Schwimmen ins Freibad Speckenbüttel schicken wollte, das bereits vor etlichen Jahren abgerissen wurde.

Den offiziellen musikalischen Höhepunkt setzte dann Sasha. Dem sympathischen Wahl-Hamburger gelang es mit seiner fantastischen Stimme und dem charismatischen Auftreten gleichermaßen, die Herren in Erstaunen und die Damen in Ekstase zu versetzen. Er bot einen bunten Mix aus alten Hits und neuen Stücken und konnte dabei immer wieder durch seine Entertainer-Qualitäten, die Vielfältigkeit seiner Stimme und seine Musikalität begeistern. Zum Bedauern vieler älterer Gäste hielt er sein „Alter Ego" Dick Brave etwas unter Verschluss. Anders als den Baseballs gelang es ihm leider nicht, den Bogen von den ganz jungen zu den älteren Besuchern der Feier zu spannen. Einige quittierten das mit dem vorzeitigen Verlassen der Veranstaltung, vielleicht lag das aber auch daran, dass nur eine einzige sehr herbe Biersorte im Ausschank zu bekommen war.

Außen um das Festgelände und den Neuen Hafen herum zeigte sich ein reges Treiben, so dass die ortsnahe Gastronomie reichlich von der Geburtstagsfeier partizipieren konnte. Alles in Allem war auch der 4. Geburtstag des Deutschen Auswandererhauses wieder eine runde Sache, und wir alle freuen uns schon sehr auf den 5. Geburtstag im nächsten Jahr und darauf, was das Festkomitee seinen Gästen dann spendieren wird.   Marco Butzkus

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